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Der Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

© Foto: REUTERS/Lisi Niesner

Jeder dritte Babyboomer hört früher auf zu arbeiten: Kanzler will mehr Renteneintritte mit 67 Jahren

Ein frühzeitiger Rückzug aus dem Berufsleben wird immer populärer. Finanzielle Abschläge werden dafür offenbar in Kauf genommen. Arbeitsmarktforscher besorgt dieser Trend.

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will erreichen, dass mehr Menschen in Deutschland erst mit 67 Jahren in Rente gehen anstatt, wie es häufig der Fall ist, bereits mit 63 oder 64 Jahren. „Es gilt, den Anteil derer zu steigern, die wirklich bis zum Renteneintrittsalter arbeiten können“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe und der französischen Zeitung „Ouest-France“ (Sonntagsausgaben).

Das falle jedoch vielen Menschen schwer, fügte er hinzu. Ökonomen und Arbeitgebervertreter fordern - auch zur Stabilisierung des Rentensystems - eine Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre. Die Ampelparteien haben in ihrem Koalitionsvertrag jedoch vereinbart, dass es keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters von derzeit 67 Jahren geben soll.

Tatsächlich scheiden heute viele Menschen bereits mit 63 oder 64 Jahren und damit mehrere Jahre vor der Regelaltersgrenze aus dem Arbeitsmarkt aus, wie aus Berechnungen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung hervorgeht.

Nachdem jahrelang immer mehr ältere Menschen berufstätig blieben, stagniert der Trend bei den jetzt auf den Ruhestand zugehenden Babyboomer-Jahrgängen: So gehen aktuell viele bereits mit 63 oder 64 Jahren in Rente.

Zu den Babyboomern werden die geburtenstarken nach dem Zweiten Weltkrieg geborenen Jahrgänge gezählt. Eine wichtige Rolle spielt die seit 2014 bestehende Möglichkeit des frühzeitigen Rentenbezugs ohne Abschläge für besonders langjährig Versicherte, die sogenannte Rente mit 63. Laut BiB ging 2021 jede und jeder Dritte über diesen Weg in die Rente.

Immer mehr Menschen nehmen Abschläge in Kauf

Aktuelle Zahlen der Deutschen Rentenversicherung zeigten zudem, dass in den letzten Jahren vermehrt Menschen vor der Regelaltersgrenze in den Ruhestand gehen und hierfür Rentenabschläge in Kauf nehmen. Bei etwa einem Viertel der im letzten Jahr neuen Rentnerinnen und Rentner war dies laut BiB der Fall - im Mittel gingen sie knapp 28 Monate vor der Regelaltersgrenze in den Ruhestand.

Für das Institut gibt die Entwicklung „aus finanz- und arbeitsmarktpolitischer Sicht Anlass zur Sorge“. Aufgrund der Größe der Babyboomer-Jahrgänge verstärke deren Austritt aus der Erwerbstätigkeit den Mangel an erfahrenen, qualifizierten Arbeitskräften.

„Die stagnierenden Zahlen zeigen, dass die Ausweitung der Erwerbstätigkeit in höhere Alter kein Selbstläufer ist“, erklärte Elke Loichinger vom BiB.

Um Arbeitskräfte länger im Erwerbsleben zu halten, müssten Anreize deutlich vor dem Eintritt in den Ruhestand erfolgen. „Wenn der Ruhestand erst einmal erfolgt ist, kommen nur wenige ins Erwerbsleben zurück.“

Scholz will mehr Frauen und Migranten auf den Arbeitsmarkt holen

Bundeskanzler Scholz forderte zudem den Ausbau von Ganztagsangeboten in Krippen, Kitas und Schulen, um den Anteil von Frauen am Arbeitsmarkt zu steigern. Er wies auf Prognosen hin, wonach bis zum Jahr 2035 wohl sieben Millionen Fachkräfte in Deutschland fehlen werden und betonte die Notwendigkeit von Zuwanderung, „um unseren Wohlstand sichern zu können“.

Vor diesem Hintergrund verteidigte Schulz die Pläne der Ampelkoalition, die Einbürgerung in Deutschland zu erleichtern. „Ganz lange wurden die, die nach Deutschland eingewandert sind, so behandelt, als würden sie das Land später wieder verlassen - die Erlangung der Staatsbürgerschaft stand nicht im Vordergrund“, sagte er.

„Wir sind aber längst Einwanderungsland und wollen es nun an internationale Standards angleichen.“ In vielen Staaten erhalte man die Staatsbürgerschaft nach fünf Jahren, hob Scholz hervor. Das soll auch hierzulande der Fall sein, „wenn man Deutsch kann, seinen eigenen Lebensunterhalt verdient und keine Straftaten begangen hat“, forderte Scholz.

Die Pläne von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sehen vor, dass Ausländerinnen und Ausländer künftig in der Regel schon nach fünf statt nach acht Jahren einen deutschen Pass bekommen können. (AFP)

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