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Die Wand der Wahrheit. Dawid Tomaszewski in seinem Charlottenburger Atelier.

© Doris Spiekermann-Klaas

Fashion Week in Berlin: Für Dawid Tomaszewski ist weniger nicht mehr

Dawid Tomaszewski macht für Berliner Verhältnisse sehr luxuriöse Kleider. Heute zeigt er seine neue Kollektion in der Tischlerei der Deutschen Oper. Zurückhaltung ist von ihm nicht zu erwarten

Dawid Tomaszewski lässt sogar den Richard-Wagner-Platz sexy aussehen: „Ist das nicht toll hier?“, fragt er. Er steht auf dem Balkon einer Altbau- Beletage, schaut auf den verschachtelten sozialen Wohnungsbau gegenüber, das Charlottenburger Rathaus, die stark befahrene Otto-Suhr-Allee und strahlt, soweit man das durch die dunkle Sonnenbrille beurteilen kann. Die trägt er, weil er nicht mehr schläft. Er kommt oft schon um sechs Uhr morgens mit seinem Hund Viktor in sein Atelier.

Um ihn herum schöne junge Frauen, eine näht mattweiße Pailletten an, eine andere trägt ein Paket herein: „Oh Gott, ist das der Stoff, auf den wir warten?“ Der Designer hält sich die Hände vor die Augen. „Mach es woanders auf, bitte!“ Aber lange hält er es nicht aus und lugt zwischen den Fingern auf feine Seide, bedruckt mit einem zarten, leicht gestrichelten Karomuster in Rostorange und Grau.

Das Muster ist dem Grundriss eines Hochhauses entlehnt, und es taucht immer wieder auf seiner Kollektion auf, die er heute in der Tischlerei der Deutschen Oper zeigt. „Ist das nicht toll? Das ist mein Lieblingshaus! Ich liebe Oper! Und dann auch noch Charlottenburg!“ Wie Dawid Tomaszewski in seinem Atelier steht, strahlt er genau das aus, was man von einem richtigen Designer erwartet: völlige Sicherheit, dass die Welt seine Kleider braucht.´

Harte Phasen gibt es immer wieder

Vielleicht ist er so fröhlich, weil er verstanden hat, dass man das nicht alleine schaffen kann: „Ich bin zwar Perfektionist, aber Unterstützung von außen macht mich entspannter.“ Es gibt auch immer wieder harte Phasen, nach einer Modenschau hat er schon Tränen vergossen, weil es gerade noch mal so hingehauen hatte.

Aber im Moment ist alles gut. Dawid Tomaszewski arbeitet mit der Agentur Prag zusammen. Die Gründerin Mia Abadi kümmert sie sich zusammen mit Melanie Bauer auch um den Vertrieb einiger Marken. Gerade haben sie einen eigenen Shop in der Friedrichstraße eröffnet, wo sie viele ihrer Marken verkaufen. Jetzt sind sie mit einer süddeutschen Kosmetiklinie eine Kooperation eingegangen, die zwei ihrer Labels unterstützt – Lala Berlin und Dawid Tomaszewski.

Das hilft auch dem Image der Kosmetiklinie auf die Sprünge. Leyla Piedayesh, Gründerin von Lala Berlin, entwickelt eine kleine Linie, die im Herbst auf den Markt kommt. Auch mit Dawid Tomaszewski ist so etwas geplant. Dass ihm Arbeit und Entscheidungen abgenommen werden, macht ihn froh. Was er entwirft, ist für Berlin schon sehr viel Luxus: zartes Veloursleder, Kaschmir, Spitze, fließende Seide und Pythondruck auf transparentem Kunststoff. Aber er kriegt elegant die Kurve, es sieht nicht madamig aus.

In Polen ist der Designer ein Star

Denn mit Zurückhaltung hat es Tomaszewski nicht so, das steht gleich auf mehren Zetteln, die zusammen mit Fotos und Zeichnungen an einer Wand hängen. Sein Lieblingssatz lautet: „More is more and less is shit“. In Polen ist er jedenfalls schon längst ein Star. „Das ist halt so. Wenn du es im Ausland schaffst, ist es immer etwas Besonderes.“ Seit 18 Jahren lebt er nicht mehr in Polen, studiert hat er in London. Auch seine Eltern haben jetzt beschlossen, von Danzig nach Berlin zu ziehen. „Aber meine Mutter ist eigentlich immer hier, sie ist mein bester Freund, schon mein ganzes Leben lang“, sagt der Sohn.

Stilistisch geprägt hat sie ihn auf jeden Fall: „Sie war an jedem Tag meines Lebens schick, wirklich immer.“ Überhaupt liebt er es, schöne Frauen auf der Straße anzuschauen. Die will er jetzt alle von Berlin aus anziehen – und auch alle anderen.

Heute um zwölf Uhr wird er die große Bühne der Mode betreten. Und da wird er dann „vor Stolz eine Gänsehaut bekommen“, wenn er seine Kleider an sich vorbeiziehen sieht. Denn Dawid Tomaszewski traut sich was. An seiner Wand hängt noch ein Zettel, der für ihn wichtig ist: „I am a very uncool person. I love that.“

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