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Zwei Krankenpfleger mit einer Patientin in der Charité-Klinik.

© Kitty Kleist-Heinrich

Hohe Bereitschaft zum Wiedereinstieg: Personalmangel in der Pflege ließe sich laut Studie stark vermindern

Viele ausgestiegene Pflegekräfte würden wieder in ihren Beruf zurückkehren. Sie fordern bessere Arbeitsbedingungen.

Von Notstand ist die Rede. Von Ausnahmezustand in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Die Krankenkasse Barmer hat ausgerechnet, dass in Deutschland bis 2030 mehr als 180.000 Pflegekräfte fehlen werden, auch weil es dann rund sechs Millionen Pflegebedürftige gibt.

Schon jetzt ist klar, dass in den nächsten zehn bis zwölf Jahren 500.000 Pflegefachkräfte in Rente gehen. Und schon heute dauert es 230 Tage, bis die Stelle einer Krankenpflegefachkraft besetzt werden kann, 210 Tage für die Stellenbesetzung einer Altenpflegefachkraft.

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Doch glaubt man einer am Dienstag in Berlin vorgestellten Studie der Hans-Böckler-Stiftung, lässt sich das Problem zumindest eingrenzen: durch die Rückkehr von ausgestiegenen Pflegekräften und durch ein Aufstocken der Arbeitsstunden bei denjenigen, die aus Frust und Überarbeitung ihre Arbeitszeit verringert haben.

Mindestens 300.000 Vollzeitstellen könnten besetzt werden

Die Hälfte der Teilzeitbeschäftigten und sogar 60 Prozent der Ausgestiegenen können sich eine Rückkehr in den Beruf beziehungsweise ein Aufstocken der Stunden vorstellen - sofern sich die Arbeitsbedingungen deutlich verbessern. Das ist das Ergebnis einer bundesweiten Befragung der Arbeitnehmerkammern Bremen und Saarland sowie des Instituts Arbeit und Technik (IAT) von rund 12.700 „ausgestiegenen“ sowie in Teilzeit beschäftigten Pflegekräften.

Befragte Teilzeitkräfte würden ihre Arbeitszeit um durchschnittlich 10 Stunden pro Woche aufstocken. „Ausgestiegene“ Pflegekräfte können sich eine Rückkehr mit 30 Wochenstunden vorstellen. Das würde hochgerechnet bedeuten: Mindestens 300.000, aber möglicherweise bis zu 600.000 Vollzeit-Pflegekräfte stünden zusätzlich zur Verfügung - Mehr als 80 Prozent dieses Potenzials beruht auf der Rückkehr „ausgestiegener“ Fachkräfte.

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„Es muss uns zeitnah gelingen, Pflegekräfte zu gewinnen. Das ist eine der größten sozialpolitischen Herausforderungen dieser Zeit“, mahnt Elke Heyduck, Geschäftsführerin der Arbeitnehmerkammer Bremen. „Doch diese Fachkräfte kommen nicht von allein zurück.“ Die Pflegebeschäftigten wüssten sehr genau, was sich ändern muss.

Forderung nach besserer Bezahlung und mehr Personal

Patentrezepte gibt es nicht. Entscheidend ist laut den Studienverantwortlichen, die Negativspirale aus problematischen Arbeitsbedingungen und daraus folgendem Rückzug aus der Pflege entgegenzuwirken. Als stärkste Motivation für eine Rückkehr oder Aufstockung nennen die Befragten eine Personaldecke, die sich tatsächlich am Bedarf der pflegebedürftigen Menschen ausrichtet.

Zentrales Instrument dafür wäre aus Sicht der Experten die Einführung einer am tatsächlichen Pflegebedarf ausgerichteten Personalbemessung - für Krankenhäuser ebenso wie für die stationäre und die ambulante Langzeitpflege.

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Außerdem wünschen sich Pflegekräfte eine bessere Bezahlung und verlässliche Arbeitszeiten. Mehr Zeit für menschliche Zuwendung zu haben, nicht unterbesetzt arbeiten zu müssen und verbindliche Dienstpläne sind für die Befragten weitere zentrale Bedingungen. Ebenso wünschen sie sich respektvolle Vorgesetzte, mehr Augenhöhe gegenüber den Ärztinnen und Ärzten, eine vereinfachte Dokumentation und eine bessere Vergütung von Fort- und Weiterbildungen.

Für die Finanzierung ist die Politik gefragt

Darüber hinaus hat die Befragung ermittelt, wie aktiv die „ausgestiegenen“ Pflegekräfte mit Blick auf eine mögliche Rückkehr sind: „Bereits ein Drittel der potenziellen Rückkehrerinnen und Rückkehrer haben Stellenangebote angesehen, knapp sechs Prozent stehen im Kontakt mit einem Arbeitgeber. Die übrigen denken mindestens einmal im Monat darüber nach, in den Beruf zurückzukehren, sind bislang aber noch nicht aktiv geworden“, erläutert Michaela Evans, Direktorin des Forschungsschwerpunktes Arbeit & Wandel am IAT.

Jede Verbesserung in der Pflege wirft natürlich Fragen nach der Finanzierung auf. „Es kann nicht sein, dass die Eigenanteile der Pflegebedürftigen durch die Decke gehen, weil der Betrieb ausreichend Personal einstellt und die Pflegeversicherung diese Mehrkosten nicht abdeckt“, sagt Heyduck. Die Politik muss entscheiden, ob sie über höhere Versicherungsbeiträge oder Steuerzuschüsse mehr Geld ins System der Pflege fließen lässt.

Christoph Arens - KNA

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