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Von TISCH zu TISCH: Le Faubourg

Kabeljau mit Ziegenkäseravioli.

Es ist leichter, fliegende Wildenten abzuschießen, als einen aktuellen Bericht über Hotelköche in die Zeitung zu bringen. Manchmal verschwinden die nämlich in der Zeit zwischen dem Besuch und der Veröffentlichung, selbst wenn nur ein paar Tage dazwischen liegen. Ich will mal dahingestellt sein lassen, ob das generell an den Hotels oder den Köchen liegt. Im edlen „Concorde“ allerdings scheint was mit dem Restaurant nicht zu stimmen, denn dort wechseln die Köche ständig. Seit meinem letzten Bericht vor dreieinhalb Jahren hat es dort, so scheint mir, mindestens dreieinhalb Chefs gegeben. Der aktuelle seit einem halben Jahr heißt Steffen Sinzinger und hat ein paar gute Berliner Stationen hinter sich. Kann er den alten Westen der Stadt kulinarisch voranbringen?

Das Restaurant mit dem französelnden Namen „Le Faubourg“ versucht schon länger, mit günstigen Weinmenüs in den Markt zu kommen. Drei Gänge für 39,50, fünf für 59,50 Euro jeweils mit durchaus hochwertigen Weinen (je 0,1 l), das liest sich nicht schlecht. Und was dafür geboten wird, ist zwar merklich sehr scharf kalkuliert, aber sauber und modern gekocht, in der Tendenz französisch, sofern sich das überhaupt noch definieren lässt.

Das Menü begann mit gebeiztem Lachs auf einer Knusperscheibe und dezentem Limettenmousse, ganz nett umrundet von Orangenfilets, Rettich, Daikonkresse und, seltsam, „Wasabi Tobiko“, was ja grün geschärfter Fischrogen ist, hier aber völlig wasabifrei rot aussah. Es schmeckte trotzdem, genau wie die sehr gelungene Sauerkrautschaumsuppe mit einem kleinen Tuff aus Kartoffelpüree, Eisbeinstückchen, Erbspüree und Röstzwiebeln.

„Kalbsrücken und glasiertes Bries, Rosenkohl, Karotte, Schalotte“ fiel dann etwas ab, weil das Bries ziemlich gummiartig zwischen den Zähnen federte und mich der Vanillehauch in der Sauce störte, was sicher subjektiv ist. Auch Rosenkohl finde ich besser in natürlicher Form als in einem Kartoffelpüree versteckt. Als Gang vier kam Käse: etwas Comté mit Früchtebrot, einer dezenten Petersiliensauce und Spurenelementen von Rotweinapfel und Macadamia-Nuss – die modisch auf Stichworte beschränkte Speisekarte vermittelt oft sehr unzureichend, was später auf dem Teller liegt. Als Dessert: zwei Stückchen Schokotorte mit zäher weißer Schokocreme und Minzeis, nun ja, das war okay.

À la carte probierten wir Wachtelbrust mit Kürbis, schwarzen Nüssen und Salat (16 Euro), unkompliziert, fein abgestimmt, dann eine Bouillabaisse mit Croutons und Sauce Rouille (16), die, untypisch, völlig klar war und deshalb ziemlich blutleer schmeckte, sowie herrlich saftigen Kabeljau auf Spinat mit Ziegenkäseravioli und Calamaretti (24) in schön fruchtig-süßer Tomatensauce, der beste Gang. Denn abschließend kam eine vergurkte Apfeltarte mit mampfiger Marzipanauflage, hauchdünnen, also geschmacksfreien Apfelscheiben und einem nichtssagenden Mohneis (9).

Insgesamt ist das alles ganz gut gemacht und seinen vernünftigen Preis wert – allerdings wäre es nicht schwer, vieles davon einen entscheidenden Tick besser zu machen; mag sein, dass die Küche zu knapp besetzt ist, um jedes Detail kontrollieren zu können. Allerdings war das recht große Restaurant bei unserem Besuch nur zur Hälfte gefüllt. Es ist nicht mehr so kantinenmäßig vollgestellt wie am Anfang, aber immer noch sehr trübe beleuchtet, was ich nicht mag.

Die Weinkarte besteht zum Teil aus teuren, eher kuriosen Altlasten, zum anderen Teil aus gut ausgesuchten, nicht unbedingt originellen, normal kalkulierten Schnelldrehern überwiegend aus Deutschland. Zum Menü gab es beispielsweise Riesling Adelseck, Ihringer Winklerberg Spätburgunder von Stigler, toskanischen „Peperino“, das machte durchaus Freude.

Am Ende bleibt die Frage, ob man denn nun hingehen müsse. Einen klaren Rat kann ich dazu nicht geben, denke aber, dass genug Ehrgeiz und Können für einen weiteren Aufstieg vorhanden sind. Jedenfalls, wenn der Küchenchef nicht gleich wieder verschwindet.

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