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Die 2012 verstorbene Sylvia Kristel (l.) 1974 als „ Emmanuelle“.

© © Emmanuelle Tinacra Films

Arte-Doku über 100 Jahre Aufklärung: „Sich beugen und zeugen“

Eine Arte-Dokumentation blickt zurück auf Hundert Jahre Sexualaufklärung. Dabei gab es mitunter auch Häme und Veralberung.

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Papa, wo kommen denn die kleinen Kinder her? Mit dieser Frage wird heute wohl kaum noch ein Vater in Verlegenheit geraten. Oder doch? In ihrer Dokumentation „Let’s talk about sex: 100 Jahre Aufklärung“ (Arte, 20.7., 20.15 Uhr) zeichnen Ina Kessebohm und Nadine Neumann den Wandel der Sexualmoral über ein Jahrhundert hinweg nach.

Den ersten großen Einschnitt markierte der Erste Weltkrieg. Die Trennung der Soldaten vom Ehepartner sowie der erleichterte außereheliche Kontakt veränderten das Sexualverhalten in bis dahin nicht gekannter Form. Um der damit einhergehendenVerbreitung der Syphilis zu begegnen, kam mit der Etablierung von Kondomen das Thema Verhütung auf.

So bröckelte wiederum das „Bollwerk der Angst“ vor illegitimem Verkehr. Und dieser Zugewinn an sexueller Freiheit rief jeweils Moralapostel auf den Plan: „Sich beugen und zeugen“, mit diesem Slogan veralberten Linke 1968 die Pillenfeindlichkeit der Katholiken.

Kunstpenisse gibt es schon seit dreitausend Jahren. Doch dass das Biest sich bewegt, das gibt‘s erst heutzutage.“

Beate Uhse, Unternehmerin, gründete 1962 in Flensburg den ersten Sexshop der Welt.

Ausgehend von dem Pionier Magnus Hirschfeld spannt der zweiteilige Film einen weiten Bogen über die Rassenlehre der Nazis bis hin zur sexuellen Revolution der 1960er Jahre und der Aids-Krise. Ausschnitte aus Kinoproduktionen verdeutlichen die Wechselwirkung zwischen Filmästhetik und Sexualfantasien. Legendär ist der Aufklärungsfilm „Helga“, der, 1967 von der damaligen Gesundheitsministerin Käte Strobel initiiert, Männer in Ohnmacht fallen ließ und mehr Zuschauer erreichte als der zeitgleich gestartete James-Bond-Film. Ähnlich erfolgreich der Sex-Film „Emmanuelle“ mit Sylvia Kristel in den 1970ern.

Neben Historikern und Wissenschaftlern kommt die Berliner Autorin Mirna Funk zu Wort. In ihrem Roman verdeutlichte sie, dass Erotik im Judentum „kein großer Aufreger“ ist. Den Blick auf die Sexualmoral anderer sexuell repressiver Religionen spart die zuweilen recht zeitgeistig daherkommende Dokumentation wohlweißlich aus.

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