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Brad Pitt- Die Revanche eines Sexsymbols

© Arte France LANDMARK MEDIA/Alamy Stock Photo

Arte-Doku über Brad Pitt: Von wegen Posterboy

„Es ist ein Fluch, ich versuche ihn loszuwerden.“ Eine Arte-Doku zeigt, wie Brad Pitt gegen sein Image als Sexsymbol ankämpft.

Die Talklegende Oprah Winfrey kündigte 1998 einen Schauspieler an. Frauen im Publikum stimmten daraufhin ein hysterisches Kreischen an. Ekstatisch und aus voller Kehle – so wie einst junge Mädchen bei einem Auftritt der Beatles geschrien haben. Ins Rampenlicht trat damals der junge Brad Pitt. Der Star mochte diese frenetische Bewunderung allerdings gar nicht. In ihrer Dokumentation zeichnen Thibaut Seve und Adrien Denouette nach, wie Brad Pitt gegen sein Hochglanzimage ankämpft. Und zwar seit dreißig Jahren.

Begonnen hatte alles in den 1980ern. Der junge Hinterwäldler aus dem mittleren Westen schmiss sein Studium, um sich in Los Angeles mit Komparsenjobs durchzuschlagen. Eine Minirolle in „Dallas“ führte zu einem kurzen Hype. Doch das Fernsehen hatte ihn schneller wieder vergessen als es ihn hochgespült hatte.

Ein Werbespot für Levi’s Jeans änderte alles. Brad Pitt wurde daraufhin gecasted für „Thelma & Louise“, ein feministisches Roadmovie über zwei Frauen, die aus ihrer bürgerlichen Existenz ausbrechen und es so richtig krachen lassen. Der unbekannte Darsteller verkörperte einen Toy-Boy am Straßenrand – einen gut aussehenden Cowboy, den eine der beiden Ladies vernascht.

Gewiss, einen Mann für gewisse Stunden gab es schon vorher. Doch Ridley Scott, der Regisseur von „Thelma & Louise“, forcierte mit Brad Pitt eine radikale Rollenumkehr. Drei Tage dauerte die Inszenierung der Bettszene mit Geena Davis: Um die einzelnen Facetten des Sixpacks plastischer hervortreten zu lassen, trug Ridley Scott höchstpersönlich das Öl auf dem Bauch des Darstellers auf. Brad Pitt avancierte daraufhin zum männlichen Sexobjekt schlechthin. Zu einem Hingucker, der von weiblichen Augen verschlungen wurde.

Die Dokumentation („Brad Pitt – Die Revanche eines Sexsymbols“, Sonntag, Arte, 22 Uhr 25) erinnert daran, dass eine solch eindimensionale Popularität in einem Strohfeuer enden konnte. So wurde es um seinen ehemaligen Mitbewohner Jason Priestley, der durch „Beverly Hills 90210“, bekannt geworden war, bald sehr still.

Damit seine Karriere nicht denselben Verlauf nahm, setzt Brad Pitt alles daran, um sein Hochglanzimage gegen den Strich zu bürsten. In David Finchers düsterem Thriller „Sieben“ schaute er in den Abgrund eines Serienmörders. Krasser noch war der Auftritt in Terry Gilliams Meisterwerk „Twelve Monkeys“. Als durchgeknallter Psychiatriepatient zeigt Brad Pitt dem Publikum sogar seinen entblößten Hintern.

Seinen makellosen Körper präsentierte er als blutige Masse

All diese Versuche, sein Image zu brechen, schlugen fehl: Immer wieder fand sich ein Grund, um den verführerischen Kerl auf der Leinwand auszuziehen. „Als würde die Branche ihr bestes Stück ausstellen“. Und so kürte ihn das „People Magazine“ im Jahr 2000 zum zweiten Mal nach 1995 zum „sexiest man alive“: „Es ist ein Fluch“, sagte er in einem Interview. „Ich versuche ihn loszuwerden“.

„Fight Club“, die zweite Regiearbeit unter David Fincher, war eine Antwort auf dieses Stereotyp. Vor der Kamera ließ Brad Pitt sich ins Gesicht schlagen, immer wieder. Seinen makellosen Körper präsentierte er als blutige Masse. Mit „Erfolg“: Das weibliche Publikum boykottierte dieses makabere Spiel.

Auf die Spitze trieb Brad Pitt die Dekonstruktion des Posterboys in „Burn after reading“: In der Agentenkomödie der Coen-Brüder machte er sich als trotteliger Fitnesstrainer zum Affen. Doch weder diese clowneske Nummer noch der kürzlich bekannt gegebene Alkoholentzug schadeten seinem Image als Sexsymbol.

Glücklicherweise hatte Brad Pitt noch einen Plan b. So lautet auch der Name einer Produktionsgesellschaft, die er 2005 mitgründete. Binnen eines Jahrzehnts realisierte diese Firma herausragende Projekte wie den Historienfilm „12 Years a Slave“ und das im schwarzen Milieu angesiedelte Drama „Moonlight“ – beide mit dem Oscar prämiert.

Einen Oscar bekam Brad Pitt auch, seinen ersten als Darsteller, ausgerechnet für eine Nebenrolle in dem Tarantino-Film „Es war einmal in Hollywood“ – wo er, als fast 60-Jähriger, wieder einmal seinen makellosen Waschbrettbauch zeigt. Diesmal mit einem selbstironischen Lächeln. Die Dokumentation wirft einen etwas anderen Blick auf einen Star zwischen Glamour, Depression und Einsamkeit.

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