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Die Journalistin Bettina Gaus im Jahr 2019

© Imago/Future Image/C. Hardt

Bettina Gaus ist tot: Links und wirklich frei

Bettina Gaus hatte was zu sagen, die Analysen der Journalistin und Kolumnistin waren unbestechlich. Ein Nachruf.

Manchmal sind Worte sehr spröde. Sie umkreisen nur, was doch dringend gesagt werden will. So ist es bei Bettina, Bettina Gaus, Freundeskollegin, kluge Denkerin, Stimme der Vernunft. Sie ist verstummt, gestorben nach schwerer Krankheit in Berlin. Nur 64 Jahre ist Bettina geworden. Links und frei, wirklich frei: Die große Gaus war so frei, das zu denken und zu schreiben, was sie wollte. Zuletzt in ihrer Kolumne für den „Spiegel“ über den Fall Julian Reichelt. Die dringend nachlesenswert ist.

Was sie zu sagen hatte - auch oft in Fernsehen und Radio - hat nicht jedem, nicht jeder gefallen. Darum ging es ihr aber auch nicht. Wie es Bettina Gaus umgekehrt auch nicht um den Effekt ging. Im Gegenteil, es war ihr ein Greuel, wenn so geschrieben wurde, und sei es unbedingt das Gegenteil dessen, was - ja - nur vernünftig war.

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In München geboren, ausgebildet an der Deutschen Journalistenschule und der Ludwig-Maximilians-Universität, war von 1983 bis 1989 Redakteurin bei der Deutschen Welle und berichtete von 1989 bis 1996 aus Nairobi. Afrika, der Kontinent, den sie liebte: Die "taz" durfte sie drucken.

Eine linke Konservative

Später war Bettina Gaus Leiterin des „taz“-Parlamentsbüros, bis 1999, dann bis 2021 politische Korrespondentin und eben seit Anfang April Kolumnistin beim „Spiegel“.

Sie hatte etwas zu sagen. Ihre Analysen waren immer unbestechlich, im wahren Wortsinn, und oft unbequem. Das sollten sie auch sein. Hierin war sie ihrem Vater Günter Gaus, auch er ein Großer dieser Zunft, ähnlich. Dessen Buch „Widersprüche. Erinnerungen eines linken Konservativen“ passte vom Titel zu ihr. Sie, die Linke, konnte auch Wolfgang Schäuble für eine Rede loben oder Guido Westerwelle. Und es großartig begründen.

Ihr Linkssein war eben dieser Art: nicht dogmatisch, sondern eine Werthaltung. Bettina Gaus war nicht anti, sondern pro, war für den Fortschritt der Gesellschaft, zu messen an dem, was ist und praktisch sein kann. Ihre Werte waren die einer Bürgerin. Das Bürgerliche war ihr als Haltung weder fremd, noch erschien es in jedem Fall ablehnenswert.

Manchmal sind Worte spröde, wenn es gilt, zu beschreiben, was fehlt, wenn ein Mensch gegangen ist. In Bettinas Fall hilft die Anleihe bei einer altrömischen Dankesformel: Sie hat sich um den Ruf des Journalismus verdient gemacht.

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