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Ein Bild aus besseren Tagen: Doors-Sänger Jim Morrison.

© Hervé Muller/Arte

Trauriges TV-Mosaik über Jim Morrison: Chronik eines angekündigten Todes

Anlässlich seines 50. Todestages rekonstruiert eine Arte-Dokumentation die letzten Monate im Leben von Doors-Sänger Jim Morrison.

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Seine Stimme sowie das betont maskuline Erscheinungsbild mit Lederhose, weißem Hemd und dem Conchagürtel machten den Doors-Sänger Jim Morrison binnen weniger Jahre zum Megastar der Musikszene. Doch was heißt hier Sänger? In seiner Selbstwahrnehmung, schon seit geraumer Zeit vom Alkohol getrübt, wähnte er sich als verkannter Poet.

Nach einem Zwischenfall in Miami, wo er sich auf der Bühne angeblich entblößt hatte – weshalb das Gericht ihn zu einer harten Strafe verdonnerte –, zog der dichtende Rockmusiker sich beleidigt nach Frankreich zurück. Ins Land von Rimbaud und Baudelaire, die wie er auch den Rausch besangen.

Der Belgier Olivier Monssens, bekannt durch seinen Film über die europäische Discomusik, folgt ihm auf diesem Pfad. Sein Film ist die Chronik eines angekündigten Todes. Denn trotz seiner Freundschaft zum prominenten Filmemacher-Paar Jacques Demy und Agnès Varda blieb der Amerikaner in seinem Exil ein Fremdkörper.

[„Jim Morrison: Die letzten Tage in Paris“, Arte, Freitag, 21 Uhr 45]

Morrison sprach kein Französisch und die Franzosen schlecht Englisch. Zudem waren The Doors in Frankreich weniger populär. Und so erkannte kaum jemand diesen korpulenten, wie Rasputin anmutenden Typen mit Vollbart und Army-Jacke. Mit seinem verwahrlosten Äußeren wollte er jene Fans brüskieren, die nach seiner Meinung nur von seiner Erscheinung fasziniert waren und nicht von seinem wahren Talent als Poet.

Tatsächlich machten The Doors nicht nur Musik. Sie vertonten Poesie. Doch wenn jemand Jim Morrison in Paris auf die Gruppe ansprach, dann schwieg er eisern. Filmaufnahmen und Fotos, in der Dokumentation zu einem traurigen Mosaik montiert, zeigen einen geisterhaften Menschen. Zuweilen schaut er ratlos in die Kamera.

Die letzte Etappe des Todestriebes

Zu Wort kommen Freunde, Weggefährten und Zufallsbekannte, die Morrison auf der letzten Etappe seines exzessiv ausgelebten Todestriebs begleiteten. Nüchtern benahm er sich wie ein amerikanischer Student auf Semesterferien. Betrunken wurde er zum pöbelnden Berserker, der in Restaurants die Tische abräumte.

Starb er also, so die offizielle Version, in der Nacht zum 3. Juli 1971 in der Badewanne an Herzversagen? Der Film erzählt eine andere Version. Kronzeuge hierfür ist Sam Bernett, der seine Geschichte schon 2007 in Buchform publizierte. Der Ex-Radiomoderator war Manager des Rock’n’Roll-Circus, ein angesagter Nachtclub, in dem Morrison auch an seinem letzten Abend verkehrte.

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Dank seiner langjährigen Freundin, der heroinabhängigen Pamela Courson, hatte er Kontakt zu dem aristokratischen Playboy Jean de Breteuil. Mit dem Stoff des 21-jährigen Promi-Dealers, der bereits Janis Joplin ihren goldenen Schuss besorgt haben soll, versetzt sich auch Jim Morrison eine Überdosis. Auf der Toilette. Durch die Hintertür schaffen zwei Dealer den Leichnam dann in Pamela Coursons Wohnung, wo de Breteuil, bevor er eiligst das Land verließ, den Tod in den Badewannentod inszenierte.

Diesen unglamourösen, schmutzigen und banalen Abgang rückt der Film ein in die politisch diffuse Stimmung zu Beginn der 1970er. Die Turbulenzen der Pariser Studentenunruhen waren noch nicht ganz abgeklungen. G.I.s., die im Vietnamkrieg desertierten, suchten Zuflucht in der europäischen Kulturmetropole. Wer Jim Morrison zuletzt war und was er mit seinen Gedichten sagen wollte, wird in dieser Dokumentation nur gestreift.

Seine Todesnachricht? In der französischen Presse ging sie mehr oder weniger unter. Zu seiner gespenstischen Beerdigung kamen lediglich fünf Personen. Heute zählt sein Grab auf dem Friedhof Père Lachaise zu den touristischen Hauptattraktionen der Stadt.

Manfred Riepe

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