
© Sportsfile via Getty Images/Vaughn Ridley
Druck auf US-Medien: Produzent von Investigativsendung „60 Minutes“ tritt zurück
Weil er das Gefühl hatte, keine unabhängigen Entscheidungen mehr treffen zu können, hört Bill Owens bei der CBS-Sendung „60 Minutes“ auf. Zuletzt soll auch der Druck aus der Konzernleitung gestiegen sein.
Stand:
Seit dem zweiten Amtsantritt von Donald Trump stehen die US-Medien deutlich unter Druck. Nach ihrer Weigerung, den Golf von Mexiko, wie vom US-Präsidenten gewünscht, „Golf von Amerika“ zu nennen, verwehrt das Weiße Haus der Nachrichtenagentur AP den Zugang zum Oval Office – trotz eines anderslautenden Richterspruchs. Zudem sollten sich ausdrücklich „alternative Medien“ für eine Akkreditierung im Weißen Haus bewerben.
Der Amazon-Gründer und Eigentümer der „Washington Post“, Jeff Bezos, krempelt das Meinungsressort der Traditionszeitung um. Der Schwerpunkt des Ressorts liege künftig auf „persönlichen Freiheiten und freien Märkten“, kündigte er im Februar an. Gegensätzliche Standpunkte würden der „Veröffentlichung durch andere“ überlassen.
Nun kündigte der langjährige Produzent des investigativen US-amerikanischen Nachrichtenformats „60 Minutes“, Bill Owens, am Dienstag seinen Rücktritt an, wie mehrere US-Medien berichten. Die Sendung läuft seit fast 60 Jahren alle zwei Wochen zur Prime Time bei CBS.
„In den letzten Monaten wurde klar, dass es mir nicht erlaubt sein würde, die Sendung so zu leiten, wie ich sie immer geleitet habe, um unabhängige Entscheidungen zu treffen, die darauf basieren, was für ‚60 Minutes’ und für das Publikum richtig war“, zitiert die „New York Times“ (NYT) aus einer Mitteilung Owens an das Team der CBS-Sendung.
„Nachdem ich diese Sendung (...) verteidigt habe, trete ich nun zurück, damit die Sendung sich weiterentwickeln kann“, heißt es weiter.
In einem Treffen mit seinen Mitarbeitern am Dienstag habe Owens zudem gesagt, „es ist klar, dass die Firma mit mir fertig ist“, zitiert die „NYT“ aus einer Aufnahme, die in den New Yorker Büros von „60 Minutes“ erstellt worden sein soll.
Zuletzt soll Shari Redstone, Eigentümerin des CBS-Mutterkonzerns Paramount, verlangt haben, über anstehende Sendungen von „60 Minutes“ zu US-Präsident Trump informiert zu werden, berichtet das Nachrichtenportal „Semafor“ unter Berufung auf zwei Quellen. Ein Sprecher der Eigentümerin habe das bestritten und betont, dass kein Einfluss genommen werde.
Owens habe sich allerdings besorgt darüber gezeigt, dass sich Paramount zu sehr für seine Sendung interessiere, berichtet „Semafor“ unter Berufung auf eine weitere Quelle. Dem langjährigen Produzenten von „60 Minutes“ sei das unangenehm gewesen.
CBS im Fokus von Ermittlungen
Die CBS-Sendung „60 Minutes“ steht zudem unter Druck des US-Präsidenten und der Bundeskommunikationskommission der Vereinigten Staaten (FCC). Im Wahlkampfendspurt sorgte ein Interview mit Trumps Kontrahentin Kamala Harris für Wirbel.
Trump nannte einen Zusammenschnitt des Gesprächs „irreführend“, verklagte CBS auf zehn Milliarden US-Dollar, forderte den Entzug der Sendelizenz und sagte ein Interview ab.
Dabei sind Zusammenschnitte in Interviews eine gängige Praxis im Journalismus. Laut CBS wurde in dem Fall ein holpriger Teil einer Antwort Harris’ aus Platzgründen gestrichen.
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Noch vor Trumps Amtseinführung wies die FCC eine Beschwerde konservativer Anwälte wegen „vorsätzlicher Nachrichtenverzerrung“ gegen den Sender ab.
Nachdem nun jedoch ein Vertrauter des US-Präsidenten die Leitung der Kommission übernommen hat, wurden die Ermittlungen wieder aufgenommen. CBS habe der FCC Anfang Februar nach Aufforderung ein Transkript des vollständigen Interviews sowie die Filmaufnahmen übergeben, berichtet „USA Today“.
„Owens blieb standhaft und betonte, dass ‚60 Minutes’ nichts Falsches getan habe und dass er sich nicht entschuldigen werde“, berichteten John Dickerson and Maurice DuBois, die Moderatoren der CBS-Nachrichtensendung „Evening News“ am Dienstagabend (Ortszeit). Sie würdigten Owens als einen „Mann von großer Integrität“. Sie würden „ihm immer dankbar sein für seine Weisheit, seine Führung und vor allem seine Freundschaft. Wir können ihm nicht genug danken.“
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