
© WDR/Annika Fußwinkel
MEDIA Lab: Entschlossen eine Verbindung zur Öffentlichkeit herstellen
Eine Studie der EBU zeigt, mit welchen Innovationen sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk unentbehrlich machen könnte.
Stand:
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist in Misskredit geraten – aktuell wegen der Korruptionsvorwürfe gegen die abberufene RBB-Intendantin Patricia Schlesinger und ihre Führungscrew. Da ist es wohltuend, wenn von anderer Seite ein ganz anderes Bild gezeichnet wird – in diesem Fall von der European Broadcasting Union, die in Europa den öffentlich finanzierten Rundfunk als Interessenverband vertritt, und zwar in einer Studie, die zeigen soll, wohin die Reise gehen könnte.
[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Unter Leitung von Alexandra Borchardt, die sich als Expertin für digitalen Journalismus einen Namen gemacht hat und derzeit das Journalism Innovators Program an der Hamburg Media School leitet, hat kürzlich ein Team von Journalisten und Forschern im EBU News Report 2021-22 insgesamt 16 Fallstudien und 40 Experteninterviews zusammengetragen.
[News Report: What's Next? Public Service Journalism in the Age of Distraction, Opinion and Information Abundance, European Broadcasting Union]
An konkreten Beispielen wird gezeigt, wie sich die Öffentlich-Rechtlichen unentbehrlich machen könnte. Eine „enge Verbindung zur Öffentlichkeit herzustellen“ und „mit Entschlossenheit eine Vielfalt von Publika zu bedienen, die sonst nicht bedient würden“, so die Autoren, seien die größten Herausforderungen.
Probleme mit der Staatsferne
Dabei wird nicht verhohlen, wie schwierig es ist, Innovationen anzustoßen. Die Probleme der öffentlichen Rundfunkanstalten lassen sich auch nicht über einen Kamm scheren. In Ländern wie Ungarn und Polen sind sie bereits zum Staatsfunk degeneriert, der ganz unverhohlen Regierungs-Propaganda betreibt. Im Vergleich mit Skandinavien, den Niederlanden, Großbritannien oder der Schweiz tun sich aber auch ARD und ZDF mit der geforderten Unparteilichkeit und Staatsferne der Berichterstattung oftmals schwer.
Die Studie ist ermutigend und verdienstvoll – und sollte vor allem vom Führungspersonal in den öffentlich-rechtlichen Anstalten gelesen werden. Denn leider skizziert sie eher, wieviel Potential im öffentlich-rechtlichen Rundfunk steckt und wie nutzernah er sein sollte – und nicht, wie bürokratisch und weltfern er tatsächlich mit seinen vielen Hierarchieebenen, seinen verschachtelten Strukturen und seinen Verkrustungen ist.
Stephan Russ-Mohl
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: