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© ddp

Fernsehkritik: Harald Schmidt: Der Alles-Zerstörer

Die zweite Ausgabe, ist die, die zählt: Matthias Kalle hat sich Harald Schmidts neue Show noch einmal angesehen. Und festgestellt, dass Schmidt nun ein neues Problem hat. Und das hieß nicht zu allererst Claus Peymann.

Wenn es wirklich stimmt, dass da, wo viel Licht auch besonders viel Schatten ist, dann muss es da, wo Harald Schmidt ist, eine Ansammlung von Vollidioten geben. Rein theoretisch jedenfalls. Praktisch liegt die Sache ähnlich.

Donnerstagabend also die zweite Ausgabe seiner Show in der Post-Pocher-Ära; die zweite ist die, die zählt, denn Schmidts erste Sendung nach der Sommerpause ist traditionell eher schwach – wie war nun diese? Nun, sie war stärker, ohne wirklich stark zu sein, denn nach Pocher hat Schmidt ein neues Problem, nämlich sein Ensemble. Aber der Reihe nach: Sein Stand-up am Anfang war durchweg launig, atemraubend ist das neue Tempo von Harald Schmidt, er knallt die Sätze heraus, und das präzise. Immer stimmt das Timing, die Themen sind auf der Höhe der Zeit, natürlich nimmt die Bundestagswahl den meisten Platz ein. Man spürt, dass Schmidt – immer noch mit Bart – sich damit wohlfühlt.

Was man von Katrin Bauerfeind nicht behaupten kann. Die Frau ist in der Sendung das, was sie schon immer war, nämlich ein riesengroßes Missverständnis. Ein Einspieler zeigt, wie sie Angela Merkel interviewt, die aber nichts sagt, ein Witz, natürlich, aber der Zuschauer lacht über Bauerfeind, und einige werden sich daran erinnern, wie sie für 3sat einmal Schmidt interviewt hat – und zwar so desaströs, das der sich irgendwann einfach selber die Fragen gestellt hat. Entweder hat er das vergessen, als er sie engagiert hat – oder aber er verfolgt einen sadistischen Plan, nämlich die Demontage einer Frau, die im Fernsehen nichts verloren hat, die sich bis zur Karikatur schminkt und schnell sprechen mit witzig sein verwechselt.

Überhaupt scheinen einige Irrtümer vorzuliegen: all diese jungen Menschen, die Schmidt wohl unterstützen sollen, senken das Niveau. Einer interviewt die Linkspartei-Politikerin Sarah Wagenknecht und unterbietet dabei Mittelstufen-Humor problemlos, eine andere interviewt einen CDU-Politiker und merkt nicht, wer dabei zur Witzfigur wird – und Peter Richter, eigentlich bei der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, beweist, dass einer, der gutschreiben kann, deshalb noch lange nix im Fernsehen verloren hat.

Was will Schmidt mit denen? Vielleicht will er sich ein Ensemble aufbauen, vielleicht wäre er doch am liebsten Intendant, wahrscheinlich saß deshalb Berliner-Ensemble-Chef Claus Peymann (der ungewohnt brav und lieb und nett blieb) als Side-Kick auf dem Platz, wo vor ihm Pocher und Andrack saßen. Ein einziger großer Gag – leider ist der BE-Chef zu selten zu dieser Art von Selbstironie fähig.

Was war sonst? Ach ja: Harald Schmidt leckte Monica Ivancan, der Ex-Freundin von Oliver Pocher Brausepulver aus dem Bauchnabel, sie lag vor ihm auf seinem Schreibtisch. Dabei sagte sie tatsächlich den Satz: „Ich bin ja jetzt Single.“

Harald Schmidt will nicht zurück zu alter Stärke, er will auch nicht irgendwelche Latten höher legen. Harald Schmidt will alles um sich herum zerstören.

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