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Was trennt, was verbindet?: Freundschaft zweier Männer
Ulrich Matthes und Justus von Dohnányi glänzen im ARD-Fernsehfilm.
Stand:
Männerfreundschaft geht so: „Du hast mir echt gefehlt“, sagt der eine. „Du mich auch“, antwortet der andere. Vielleicht gilt das nicht für alle Männer, aber im Falle von Malte und Patrick, die sich in dem famosen Zwei-Personen-Stück „Freunde“ nach 35 Jahren wiedersehen, ist dieser Dialog bezeichnend. In wenigen Worten (und zwischen den Zeilen) kommen Zärtlichkeit und Zuneigung zum Ausdruck, aber auch die Erinnerung an Streit und Enttäuschungen. Halb verrauchter Ärger, mühsam verheilte Wunden – und dann: Wiedersehensfreude.
["Freunde", ARD, Mittwoch. 20 Uhr 15]
Patrick (Justus von Dohnányi) hat gerade Anja, seine an Krebs verstorbene Frau, beerdigt und für sich einen tödlichen Cocktail gemixt. Dann leisten sich Autor David Ungureit und Regisseur Rick Ostermann einen Kalauer: Bevor Patrick aus freien Stücken den Löffel abgeben kann, schickt das Drehbuch ihn eine Etage tiefer, weil er den Löffel zum Umrühren der in Whiskey aufgelösten Tabletten vergessen hat. Dort hat es sich Malte (Ulrich Matthes) auf einem alten Sessel, der in der Ecke eines leeren Swimmingpools steht, gemütlich gemacht. Ein ungebetener Gast, der Patricks Selbstmordpläne vorerst durchkreuzt. Denn Malte ist ja nicht irgendwer, sondern Patricks ehemals bester Freund. Die Erinnerungen an eine gemeinsame Jugend, auch an den nicht gelebten Traum vom gemeinsamen Aufbruch stehen im Raum.
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Überhaupt: der Raum. Der abgeschieden und idyllisch gelegene Drehort verleiht dem Fernsehfilm des Hessischen Rundfunks eine melancholisch-morbide Atmosphäre. Das großzügige Anwesen ist umgeben von ursprünglicher Natur und einem riesigen Garten. Das Innere des Hauses dagegen zeugt nur noch von vergangener Größe. Wenig Glanz, nur die Reste eines vormals blühenden Lebens. Ein verwunschener, verlebter Ort, den die wunderbare Kamera von Leah Striker ebenso gründlich erforscht und in Szene setzt wie das Freundschaftsduett der beiden Protagonisten.
Ulrich Matthes schreitet zu Beginn mit angemessener Ehrfurcht auf das Haus zu. An der Stelle, an dem der kleine See durch das Grün schimmert, bleibt Malte stehen. Später werden er und sein alter Freund hier Steine übers Wasser hüpfen lassen. Beinahe so wie früher. Denn Malte kehrt nach Jahrzehnten an den Schauplatz seiner Jugend zurück. Für den aus einfacheren Verhältnissen stammenden Jungen war das Haus eine Art Abenteuerspielplatz. Irgendwann mosert Patrick, der Spross einer Unternehmerfamilie, Malte habe ja abends nach Hause gehen können, während er mit seinen Eltern zurückbleiben musste. 35 Jahre später ist Malte noch immer der Optimist, der trotz verpasster Träume mit seinem Leben im Reinen ist, und Patrick der Griesgram, der den Jugendfreund um dessen Leichtigkeit beneidet („Dass du mal in was nicht gut bist“). Justus von Dohnányi kommt beinahe ohne zu lächeln durch die 90 Minuten. Patricks Verzweiflung und Selbstmitleid trägt er barfuß, aber mit Stil zur Schau.
Gespräch eines Tages und einer Nacht
Ohne Rückblenden konzentriert sich der Film nun auf die Gespräche der Freunde während eines Tages und einer Nacht – ein klares, reduziertes Konzept mit wenigen, nicht immer überraschenden Wendungen, das aber dank interessanter Figuren und zweier exzellenter Schauspieler überzeugen kann. Auf Matthes und von Dohnányi ist Verlass, und dass Autor Ungureit es versteht, kluge und lebensecht klingende Dialoge zu schreiben, hat er bereits in dem Fernsehfilm „Bist du glücklich?“ bewiesen. Darin forschte ein Ex-Paar, gespielt von Laura Tonke und Ronald Zehrfeld, nach den Gründen für das Scheitern seiner Liebe. Diesmal also drehen sich die Zwiegespräche um eine Freundschaft zwischen Männern reifen Alters. Eine spezifische Konstellation, die aber dennoch eine gewisse Allgemeingültigkeit über den Wert von Freundschaft an sich beanspruchen darf.
Gift wird weggeworfen
Malte jedenfalls kommt zur rechten Zeit und schüttet Patricks vergifteten Whiskey schwungvoll und empört ins Gras, nachdem er von den Absichten seines alten Freundes und Vaters eines erwachsenen Sohnes erfährt. Im Verlauf der Nacht werden manche Geheimnisse und versteckten Gefühle offenbart, insbesondere bezüglich der unsichtbaren dritten Protagonistin, der verstorbenen Anja. Es geht mal ruppig, mal feinfühlig zu, wobei Patrick und Malte gelegentlich wie ein „seltsames Paar“ klingen. Aber auch wenn die Namen Oscar und Felix zitiert werden, die Protagonisten aus Neil Simons Klassiker „The Odd Couple“, handelt es sich bei dem Film um keine Komödie. Nicht alles, was verpasst wurde, lässt sich nachholen, aber manches wird zurechtgerückt. Und auch Jürgen Grabowski, die lädierte Tischfußball-Figur, benannt nach einem Frankfurter Fußball-Weltmeister von 1974, kehrt an seinen angestammten Platz zurück. Das Spiel ist noch nicht vorbei.
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