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Im Unterhaus angelangt: Gangster Thomas Shelby (Cillian Murphy).

© Arte/Robert Viglasky

Neue Staffel „Peaky Blinders“: Gangster in Westminster

Die neue Staffel von „Peaky Blinders“ konfrontiert Bandenchef Tommy Shelby mit dem Faschismus der 1920er.

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Auf die Frage, wie er zur irischen Frage stehe, antwortet Thomas Shelby (Cillian Murphy), man habe sie ihm zuvor nie gestellt. Vielleicht ist es an der Zeit, schließlich haben wir bald den Brexit – und damit wieder eine Irland-Problematik. Angesichts dieser aktuellen politischen Debatten vergisst man schnell, dass die BBC-Erfolgsserie „Peaky Blinders“ vor 90 Jahren spielt. Die mehrfach preisgekrönte Serie über den Aufstieg der titelgebenden „Peaky Blinders“-Gangsterfamilie aus Birmingham in den 1920er Jahren setzt mit dem Börsenkrach von 1929 einen rasanten Einstieg in die fünfte Staffel. Diese geht am Donnerstag auf Arte ins Finale. Alle bisherigen Folgen sind in der Arte-Mediathek und die gesamte Serie auf Netflix verfügbar.

Neben der Irland-Problematik stellen der Aufschwung von Rechtspopulismus gefolgt von der Geburt einer faschistischen Bewegung einen weiteren Gegenwartsbezug der Serie her. Diese besinnt sich zwar auf britische Angelegenheiten, reißt jedoch Themen an, die in Deutschland – gerade im Nachgang zu den Landtagswahlen in Thüringen – genauso aktuell scheinen.

Im Zentrum der Handlung steht wie immer jener Thomas „Tommy“ Shelby, Chef der Peaky Blinders. Der einstige Buchmacher aus Birmingham hat sich im Laufe der bislang vier Staffeln vom kriminellen Entrepreneur zum Abgeordneten im House of Commons hochgearbeitet. Doch in Westminster ist er als Oberhaupt einer Gangsterfamilie das kleinste Übel. Auch andere Mitglieder des britischen Unterhauses verstoßen wiederholt gegen das Gesetz, schließlich ist dort keine Polizei erlaubt.

Während Tommys Gang mit den Nachwirkungen des „Schwarzen Freitag“ zu kämpfen hat, wird er von seinem neuen Gegenspieler Oswald Mosley (Sam Claflin) bedrängt, der mit ihm im britischen Unterhaus sitzt. Mosley ist der selbstverliebte Anführer einer aufkommenden faschistischen Bewegung, hinter dessen politischer Fassade sich eine kriminelle Organisation verbirgt. Der britische Politiker Mosley ist eine historische Figur, die in der Realität 1932 die „British Union of Fascists“ gründet. Der hier fiktionalisierte Charakter ist wegen seiner demagogischen Sprachgewandtheit gefährlich, die mit Parolen wie „Britain First“ und „False News“ Zuhörer begeistert.

Das Haupt, das eine Krone drückt

Diese Bedrohung unterschätzt Tommy, der seinerseits eine zunehmend ambivalente Rolle einnimmt. Zwar scheint er als Parlamentarier am Staffelanfang gesellschaftlich oben angekommen, doch wie schon Shakespeare schreibt: „Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt.“ Tommy wird von Geistern aus seiner Vergangenheit heimgesucht und entnimmt einem Traum, in seiner Bande befinde sich ein Verräter, der es auf seinen Thron abgesehen hat.

„Peaky Blinders“-Creator und -Autor Steven Knight verfällt nach dem gelungenen Auftakt der Staffel schnell in altbekannte Dynamiken der Serie. Entsprechend werden das Erste-Weltkriegs-Trauma der Brüder Tommy und Arthur (Paul Anderson), das erfolglose Rebellieren der Frauen in der Familie und das wankelhafte Vertrauen in den zunehmend paranoiden Tommy aufgewärmt.

Bewährte Elemente wie ein pulsierender Rock-Soundtrack und coole Zeitlupenaufnahmen, in denen rauchende Peaky Blinders durch feuerspeiende Industrieanlagen stolzieren, kehren unter Regisseur Anthony Byrne ebenfalls wieder. In der fünften Staffel erfindet sich die Serie zwar nicht neu, kommt dafür aber zusammen mit Tommy zur schmerzhaften Erkenntnis, dass sich das Thema Faschismus nicht einfach in sechs Folgen abhandeln lässt. Mehr dazu folgt in Staffel sechs.

„Peaky Blinders – Gangs of Birmingham“, Staffel fünf, Donnerstag, Arte, ab 21 Uhr, komplett in der Mediathek

Dominique Ott-Despoix

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