Medien: „Gegenteil von radikal“
Maybrit Illner moderiert jetzt „Maybrit Illner“
Stand:
Frau Illner, Ihr politischer Talk im ZDF heißt von heute an „Maybrit Illner“.War das Ihre Idee?
Ich bin auf die Idee sieben Jahre nicht gekommen, aber gut finde ich sie trotzdem. Die Zuschauer haben die Sendung ohnehin mehr mit meinem Namen als mit dem Sendetitel „Berlin Mitte“ verbunden. Und das muss einen nicht wundern, das ist schlicht der Trend zur Personalisierung im Fernsehen.
Der klassische Polit-Talk – Politiker im Halbrund, Moderatorin in der Mitte – leidet gerade an fehlender Spannung. Wer zeigt da mangelnde Kondition: das Format, die Politiker, die Moderatorin?
Fünf Mandatsträger unter sich – pardon, das machen wir seit Jahren nicht mehr und verlieren daher auch nicht an Spannung. Deshalb haben wir 2007 im Jahresdurchschnitt 2,6 Millionen Zuschauer und 14 Prozent Marktanteil. Und jetzt gucken Sie mal, wer das um Viertel nach zehn sonst noch schafft.
Sie moderieren seit siebeneinhalb Jahren „Berlin Mitte“. Wäre jetzt nicht auch ein günstiger Zeitpunkt zu sagen: Liebes ZDF, war toll, aber jetzt lasst uns mal etwas anderes machen?
Komisch: Das ZDF macht gerade das Gegenteil: Wir werden länger! Wir senden nicht mehr 45, sondern 60 Minuten.
Sie haben gesagt, mit „Maybrit Illner“ treffen die „Regierten auf die Regierenden“. Wie sind die Spielregeln?
Sauber. Die große Koalition schwitzt sich politische Kompromisse aus den Rippen; aber die sind oft weit davon entfernt, von den Leuten als echte Lösung ihres Problems empfunden zu werden. Das muss öffentlich gesagt werden. Und dann muss die Suche nach der echten Lösung eben weitergehen…
Das klingt alles sehr nach inniger Solidarität der Moderatorin mit dem Volk. Motto: Die Politik hat Schuld, wenn der Bürger leiden muss. Wird die Rechnung so billig aufgemacht?
Wir machen kein Schwarz-Weiß-Fernsehen. Bei uns werden Politiker weder plump abgewatscht noch gestreichelt. Es gibt einen kritischen Disput über ein gesellschaftliches Problem. Da sind die, die Politik machen – hier sind die, die damit leben müssen. Wir verstehen uns auch als eine Art „Stiftung Warentest“ für Politik.
Was ist das heutige Premieren-Thema von „Maybrit Illner“?
Die Pflegesituation in Deutschland. Und das diskutieren wir nicht nur mit der zuständigen Ministerin Ulla Schmidt, sondern: mit dem 83-jährigen Harry Hoffmann, der anderen dabei hilft, Alten- WGs zu gründen, damit sie nicht ins Heim müssen, mit Claudia Kleinert, der Wetter-Fachfrau aus der ARD, die ihren Vater pflegte und von den extremen Belastungen erzählt, und dem 26-jährigen Pfleger Martin Bollinger, der den ganz normalen Irrsinn seiner Arbeit schildert.
Stimmt die Wahrnehmung, dass „Maybrit Illner“ mit Einspielfilmen und Grafiken näher an das Format „Hart aber fair“, jetzt WDR und künftig ARD, heranrückt?
Auch Einspielfilme sind in unserer Sendung kein Novum. Wir bleiben uns in erster Linie mal selbst treu und behalten unsere Handschrift. Nach sieben Jahren haben wir einfach das Studio ein bisschen aufgemöbelt, ich kann mich mehr bewegen, wir können das Publikum mehr einbeziehen. Wirklich neu ist, dass sich die Zuschauer auch per Video-Message via Internet zu Wort melden können. Gucken wir mal, wie das funktioniert. Aber, keine Sorge, Sie werden uns wiedererkennen. Das ist das Gegenteil von einem radikalen Formatwechsel.
Was passiert, wenn die ARD das Polit-Talk-Magazin von Frank Plasberg tatsächlich am Donnerstag ins Rennen schicken würde?
Ziemlich unwahrscheinlich, aber dann würden meine Chefs reagieren.
Noch ehe „Hart aber fair“ und Anne Will im Ersten starten, geht „Maybrit Illner“ auf Sendung. Das ZDF will die ARD unter Druck bringen. Welche Reaktion der Konkurrenz erwarten Sie?
Ich nehme an, die verlieren die Nerven und stellen den Sendebetrieb ein.
Das Gespräch führte Joachim Huber.
Maybrit Illner , 42, moderiert seit siebeneinhalb Jahren den Polittalk „Berlin Mitte“. Ab heute trägt die neu konzipierte und 15 Minuten längere Sendung auch ihren Namen. 22 Uhr 15, ZDF
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