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Medien: „Hölle im Kopf“

Ein brillanter Film – wenn der Schluss nicht wäre

Dieser Film ist eine Enttäuschung. Auch weil er so gut ist. Endlich, denkt man schon, kommt da mal jemand ohne Mörder und Kommissar aus. Die größten Krimis spielen ohnehin im eigenen Kopf. Verbrechern kann man entkommen, vielleicht, aber wer entkommt den Stimmen in sich drin, eben der „Hölle im Kopf“? Nun gut, am Anfang sitzt da Michael Gwisdek als Kommissar im Wohnzimmer einer stark irritierten jungen Frau, aber bald hat man diesen Abgesandten des fernsehalltäglichen Ermittlerwesens wieder vergessen.

Marc Hoffmann (Heino Ferch) ist Architekt; über Monate hat er an einem Projekt gearbeitet, dann ist Präsentation. Dem Auftraggeber gefallen die Dächer nicht. Überhaupt, könnte man das Ganze nicht ein wenig auflockern? Ein Springbrunnen in der Mitte wäre doch eine Idee? Der Architekt erfriert von innen. Sollen sich die Spießer ihre Häuser doch selber bauen! Und er wirft dem Kunden das Projekt vor die Füße. Das ist Aggressionsabbau, sehr gut für die Ökonomie der Seele. Für sonstige Ökonomien eher nicht, denn aus ehrgeizigen Architekten werden auf diese Weise ganz schnell arbeitslose Architekten. Heino Ferch spielt diesen Marc Hoffmann. Ziemlich kompakt, der Mann. Gut gepanzert in sich, latent unrührbar. Umso stärker die Wirkung, wenn sich die Seele plötzlich Bahn bricht und den Erfolgsmenschen Hoffmann – den gewesenen Erfolgsmenschen Hoffmann – in Besitz nimmt. Ferch ist großartig, die Regie von Johannes Grieser kongenial, wenn sie den Exarchitekten in Gespräche verwickelt mit Personen, deren reale Anwesenheit durchaus fraglich ist. Nur die orangefarbenen Drohbriefe auf Hoffmanns Schwelle sind ohne Zweifel echt.

Woher wissen wir, was Wirklichkeit ist und was Traum? Jeder kennt die Momente, wo er es nicht mehr weiß. Dieser Hoffmann weiß es auch nicht mehr. Schatten von früher stehen wieder auf, Hoffmanns Seele hat jetzt ständig Besuch. Und wenn diese ungeladenen Gäste nicht wieder gehen, dann wird man wohl verrückt ...

Das sollte nicht reichen für einen Film? Bloß gut, dass Hoffmann diese schöne, sensible, kluge Frau hat: Claudia Michelsen als Sarah Hoffmann. Aber dann, als „Hölle im Kopf“ schon fast zu Ende ist, dreht alles um, sind wir plötzlich im falschen Film. Aus dem Thriller im Kopf wird Realthriller; Kommissar Gwisdek auf der Wohnzimmercouch wird wichtig, das Krankheitsbild des Architekten, an dem wir solchen Anteil genommen haben, dagegen unwichtig. „Hölle im Kopf“ ist ein guter Film und ist es nicht. Er ist zwei Filme in einem und verrät am Ende seine Figuren an einen Plot, den er nicht mehr erden kann.

„Hölle im Kopf“, 20 Uhr 15, ZDF

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