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ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke: "Ja, ich bleibe dabei"

Kai Gniffke hat mit seinem Kommentar zum Schalke-Präsidenten Tönnies für Wirbel gesorgt. Eine Verschärfung der Meinungen in den "Tagesthemen" sieht er nicht

Herr Gniffke, Sie haben in den „Tagesthemen“ am Dienstag den Fall des Schalke-Präsidenten Clemens Tönnies kommentiert. Ihre Meinung, wonach Tönnies sich mit seinen Äußerungen nicht zum „Rassisten“ gemacht hat, hat für Aufregung und Widerspruch in den Sozialen Medien gesorgt. Sie bleiben dabei?

Ja, ich bleibe dabei, dass ich Clemens Tönnies nicht für einen Rassisten halte. Ein Kommentar soll ja zur kritischen Auseinandersetzung mit einem Thema anregen.

Lange war der Kommentar in den „Tagesthemen“ ein Element, das halt nur zur Sendung gehört hat. Jetzt gibt es eine deutliche stärkere Wahrnehmung. Liegt das Ihrer Meinung an den Kommentatorinnen und Kommentatoren oder daran, dass es heute über die Sozialen Medien entsprechende Hallräume gibt?
Alle Studien der vergangenen Jahre zeigen, dass der Kommentar beim Publikum immer sehr beliebt war und die Legende nicht stimmt, dass der Kommentar eine untergeordnete Rolle spielt. Tatsächlich ist es aber so, dass auf allen digitalen Plattformen Meinungsstücke sehr stark nachgefragt werden. Deshalb hat der Kommentar noch einmal an Bedeutung zugelegt. An den Kommentierenden liegt das meines Erachtens nicht.

Kein "Swing" bei den Kommentaren

Meinem Eindruck nach waren die Kommentare früher im Sowohl-als-auch-Modus. Jetzt aber herrscht der Entweder-Oder-Gestus vor. Warum dieser Swing?
Diesen Eindruck teile ich nicht. Schon immer waren Kommentare unterschiedlich meinungsfreudig, einen „Swing“ hat es da nicht gegeben. Kommentare sollen ja durchaus verschiedene Sichtweisen abwägen, aber am Ende sollte immer eine klare Position stehen.

Sind die Kommentatorinnen und Kommentatoren zu schärferer Meinung beauftragt?
Nein, von wem auch? Alle Kommentierenden sind vollkommen frei, was sie sagen. Die Verantwortung dafür trägt jeweils die Landesrundfunkanstalt, die einen Kommentator vorgeschlagen hat.

Wer in den „Tagesthemen“ kommentiert, der muss mit Reaktionen, auch heftigen, rechnen. Was irritiert Sie an der Art und Weise der Reaktionen?
Das gehört zum Beruf des Journalisten. Wer sich exponiert, muss mit Reaktionen rechnen. Da spreche ich aus langer Erfahrung. Das bedeutet, dass man ein dickes Fell haben muss, aber man muss sich eben auch nicht alles gefallen lassen und insbesondere strafwürdiges Verhalten wie Morddrohungen nicht einfach hinnehmen. Jeder, der sich am Diskurs auf den verschiedenen Plattformen beteiligt, muss sich an die Grundregeln eines zivilisierten Zusammenlebens halten.

Das Interview führte Joachim Huber

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