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Ken Jebsen kann für „KenFM/apolut.net“ ordentlich Spenden einwerben.

© Tsp

Krypto-Geld finanziert Fake News: Kryptisch

Homepages mit Fake News sammeln hohe Spenden in Krypto-Währungen ein. Auch KenFM/apolut.net und kaisertv profitieren

Zahlreiche Homepages, die falsche oder irreführende Informationen verbreiten, haben teils hohe finanzielle Zuwendungen durch Spenden in Kryptowährungen erhalten – auch in Deutschland. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Brüsseler NGO „EU Disinfo Lab“, die diese Woche veröffentlicht wurde. Die Höhe der eingefahrenen „Krypto-Spenden“ reiche dabei von einstelligen Euro-Beträgen bis zu über zwei Millionen Euro. Zu den Kryptowährungen, die für die Spenden verwendet wurden, zählen demnach Bitcoin, Bitcoin Cash, Ethereum, Litecoin, Dash und Cardano. Der Studie zufolge sind die dezentralen Kryptowährungen aufgrund ihrer Anonymität und Vertraulichkeit anfällig dafür, Spenden für Desinfo-Plattformen zu lukrieren. Zudem wurden einigen dieser Online-Portale andere Wege zur Finanzierung gekappt oder zumindest erschwert.

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Während sich desinformierende Homepages neben Werbeschaltungen bisher durch Spenden aus etablierteren Zahlungskanälen, wie etwa klassische Banküberweisungen oder Paypal, finanziert haben, würden Zuflüsse durch Kryptogelder „zunehmend üblich“, heißt es in der Studie. Zu den beobachteten Websites, die zu Spenden in Kryptowährungen aufrufen, zählen einige deutsche Domänen wie „KenFM/apolut.net“ und die Covid-Impfgegner-Portale „kaisertv.de“, „michael-mannheimer.net“ sowie das österreichische Portal „report24.news“. Unter den 17 Homepages, die in der Studie näher betrachtet wurden, finden sich auch Portale aus Italien, Spanien und den USA.

Ken Jebsen profitiert auch

Als Beispiel wird unter anderem das Vorgehen der Desinfo-Seite „KenFM/apolut.net“ skizziert, deren Account beim Crowdfunding-Portal Patreon im Vorjahr nach Einschreiten der Medienanstalt Berlin-Brandenburg gesperrt worden war. Die Seite war von Ken Jebsen, der zuvor unter anderem durch antisemitische Meldungen aufgefallen war, initiiert worden und wechselte nach der Patreon-Sperre und dem Behörden-Einschreiten ihre Domain. Auch „kaisertv“ – ein von Gunnar Kaiser betriebenes Portal, auf dem bisher unter anderem Kritik an den staatlichen Covid-19-Maßnahmen und Theorien über einen vermeintlichen „Bevölkerungsaustausch“ publiziert worden waren – sammelte laut der Studie über 35 000 Euro an Kryptogeld-Spenden. Kaiser, der in Verbindung zu den Klimawandelleugnenden Gruppen steht, war zuvor aus einem Youtube-Partnerprogramm verwiesen worden und hatte damit die Haupteinkunftsquelle für seine Homepages verloren.

kaisertv sammelt 213 431 Euro ein

Laut der Disinfo-Lab-Studie ist es dem Kaiser-Portal innerhalb von drei Jahren gelungen, mittels Bitcoin Spenden in Höhe von 213 431 Euro zu sammeln. Die meisten Krypto-Gelder unter den beobachteten Portalen habe die italienische Verschwörungstheorien-Website „Salto Quantico“ erhalten, ihre erhaltenen Zahlungen aus der Kryptowährung Litecoin allein beliefen sich demnach auf 1,8 Millionen Euro – insgesamt erntete das Portal 2,1 Millionen Euro an Krypto-Spenden.

Man wolle mit der Studie mehr Aufmerksamkeit darauf lenken, dass die Verbreitung durch Falschinformation verstärkt durch Krypto-Zahlungen finanziert wird, heißt es seitens des EU-Disinfo-Labs.

Insbesondere in den vergangenen beiden Jahren hätten solche Portale im Zuge der Covid-19-Pandemie verstärkten Zulauf erhalten, auch finanziell. Dadurch, dass die aktuelle geopolitische Lage zu verstärkter Polarisierung beitrage, sei diese alternative Finanzierungsmöglichkeit für irreführende Informationsportale wohl weiterhin im Aufwind, lautet das Resümee der Studie. Man wolle jedoch nicht das Kryptowährungs-System per se infrage stellen, sondern sehr deutlich darauf hinweisen, dass es hier wohl künftig mehr für die Aufsichtsbehörden zu tun geben werde.

Eduard Müller

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