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Wie Sie sehen, sehen Sie nichts. Eine Besucherin im Kunsten-Museum in Aalborg betrachtet das Bild von Jens Haaning mit dem Titel "Nimm das Geld und hau ab".

© AFP

Künstler liefert keine Kunst, sondern leere Bilderrahmen: Nimm das Geld und hau ab!

Jens Haaning bekam 70 000 Euro für die Rekonstruktion seiner Werke. Was er dem Museum in Aalborg dann gab, waren leere Bilder. Wird er berühmt wie Joseph Beuys?

Kunst, also die bessere, soll ja frech und provokativ sein. Joseph Beuys war es, der 1985 eine gelbe Glühbirne in einer Lampenfassung und eine Zitrone in eine Messingvitrine legte und diese Dreiheit salopp "Capri-Batterie" nannte. Das Objekt findet sich in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen und verstört bis heute die Betrachterinnen und Betrachter. Beuys gilt heute als Jahrhundertkünstler und wer seine "Capri-Batterie" nicht als sinnfällige Überlegung zur Zukunft des Menschen innerhalb eines von Natur und Technik beherrschten Kraftfeldes begreift und feiert, der gehört dringend vor die Museumstür gebeten.

Leere Bilderrahmen

Passiert eine derartige Seligsprechung jetzt auch in Aalborg? Im Kunsten-Museum hängen seit Ende September zwei leere Bilderrahmen. Geschaffen oder besser geliefert hat sie der Künstler Jens Haaning. Er bekam vom Museum 70 000 Euro geliehen (oder geschenkt?, darüber streiten sich die Parteien), um eines seiner alten Werke zu rekonstruieren, in dem um ein Jahresgehalt in Dänemark und Österreich ging. Dieses war durch dänische und Euro-Scheine dargestellt worden.

Mit den 70 000 Euro wäre eine Neuauflage drin gewesen, Haaning aber fertigte Bilderrahmen, die nun mit weißen Leinwänden die Titel "Nimm das Geld und hau ab" illustrieren. Der Künstler will zeigen, wie Spiegel online schreibt, "zeigen, dass wir auch die Verantwortung haben, die Strukturen, von denen wir ein Teil sind, infrage zu stellen". Wenn die Strukturen komplett unzumutbar seien, müssten wir mit ihnen brechen. Das riecht a) nach Kapitalismuskritik und b) nach einer Mordswut. Und Jens Haaning ist geladen, er sagt, das Kunstwerk repräsentiere seine aktuelle Arbeitssituation und er wolle andere, die genauso miserable Arbeitsbedingungen hätten wie er ermutigen, das Gleiche zu tun. "Das Kunstwerk ist, dass ich das Geld genommen habe", der Vertragsbruch gegenüber dem Museum sei Teil des Werkes.

Muss Anzeige erstattet werden?

Ist das nur dreist, muss Anzeige erstattet werden, damit Haaning nach Abzug seiner Unkosten die Euros wieder herausrückt? Er hat bis zum Ende der Ausstellung am 16. Januar Zeit, dann will das Museum die notwendigen Maßnahmen ergreifen.

Abwarten, vielleicht kommen das Kunsten-Museum und der renitente Künstler noch ganz groß raus. Schon die Fotos von Rahmen und Leinwand suggerieren etwas Kontemplatives. Diese angenehme Leere in einer Dingwelt, diese Ruhe in der pandemischen Hysterie, dieser Vorschlag, alles sein zu können und nichts sein zu müssen - herrlich. groß, überwältigend!

Merken Sie was, liebe Leserin, lieber Leser? Jens Haaning braucht Begeisterung, die sich in Unterstützung ausdrückt. Hiermit seien alle Direktoren, Kuratoren plus die gesamte internationale Kunstkritik aufgefordert, dieses Kunstwerk hochzuschreiben, hochzufeiern, es derart aufzuladen, dass die Leere nur vermeintlich ist, das Wertlose sich in einen ideellen, intellektuellen Wert verwandelt. So werden die 70 000 Euro letztlich gut angelegt sein, die Kunst siegt über das Geld, Jens Haaning muss sich nicht länger als Betrüger gebrandmarkt sehen. Und die "Capri-Batterie" von Joseph Beuys strahlt heller als tausend Sonnen.

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