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Presserat spricht "Bild" frei: Lügners Triumph
Es muss Kritik geben, dass der Presserat den "Bild"-Artikel über die "Lockdown-Macher" nicht rügt. Ein Kommentar.
Stand:
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Wer sich wohl am meisten ärgert? Die „Bild“-Redaktion, weil sie die Veröffentlichung der „Lockdown-Macher“ einer harten Selbstkritik unterzogen hatte? Oder die 94 Personen und wissenschaftlichen Institutionen, die sich beim Deutschen Presserat über den Beitrag bei „Bild“ und Bild.de beschwert hatten, weil der Artikel den Eindruck erwecke, dass Wissenschaftler persönlich für Corona-Maßnahmen verantwortlich seien und nicht etwa die Politik. Dies schüre Verschwörungstheorien und fördere Hetze gegen Wissenschaftler, war ihre Argumentation.
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Nun hat der Beschwerdeausschuss des Presserates all die Eingaben als „unbegründet“ zurückgewiesen. Die von „Bild“ vorgenommene Bezeichnung der drei Experten als „Lockdown-Macher” habe einen Tatsachenkern. Die Bezeichnung „Die Lockdown-Macher“ sei daher eine zulässige Zuspitzung, „die pointiert und streitbar sein mag, jedoch von der Meinungsfreiheit gedeckt ist“.
Ja, es stimmt, die Meinungsfreiheit hält viel aus und sie wird am besten verteidigt, indem sie angewendet wird.
Fragwürdiger Beschluss
Trotzdem muss der Beschluss des Presserates Fragezeichen provozieren. Die Aufmachung des Beitrages folgt dem Boulevard-Prinzip, dass Information dem Zweck und Ziel dienen müssen, Emotionen schüren zu können. „Die Lockdown-Macher“ sind dafür ein Paradebeispiel. An der Tatsache, dass die drei Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler durch ihre Expertise Pandemie-Maßnahmen mitbegründen halfen, gibt es keine Zweifel. Sehr wohl aber daran, dass die Wissenschaft Lockdowns und ihre Ausgestaltung beschließt. Diese Aufgabe übernimmt die Politik.
„Bild“ hat anderes insinuiert, das Blatt hat eindeutig Stimmung machen wollen – gegen die seriöse Wissenschaft und ihre Erkenntnisse. Das ist auch gelungen, die Szene der Corona-Lügner, pardon, der Corona-Leugner war und ist außer sich vor Freude über Artikel und Nicht-Rüge.
Wirkungsabsicht ignoriert
Der Presserat hat die inkludierte Wirkungsabsicht von Artikel und Aufmachung ignoriert. Welcher Irrtum da begangen worden ist, zeigt sich schon an der Tatsache, dass sich die „Bild“-Zeitung von ihrem Irrtum distanziert hat.
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