zum Hauptinhalt
Keine Sackgasse: Facebook und Google sind häufig Ausgangspunkt für die Nutzung zusätzlicher Nachrichtenangebote, fanden die Wissenschaftler heraus.

© Charlet/AFP

MEDIA Lab: Die Mär von den Filterblasen

Wie eine Forschergruppe mit dem Verdacht aufräumt, dass Google, Facebook & Co.die Nachrichtennutzung einschränken. Das Gegenteil ist der Fall.

Unter „Intermediären“ versteht man in der Online-Welt Portale, Suchmaschinen und soziale Netzwerke, die eigene und fremde Inhalte bereitstellen, Neuigkeiten präsentieren und die Aufmerksamkeit ihrer Nutzer auf Themen und Ereignisse lenken.

Die Tatsache, dass Algorithmen die Auswahl der Inhalte an die bisherigen Vorlieben und Gewohnheiten des jeweiligen Users anpassen, hat zu einer Diskussion um Filterblasen und Echokammern geführt. Diese – so der Verdacht – schränken das Spektrum der präsentierten Inhalte ein und führen zu einer Verringerung der Informations- und Meinungsvielfalt, auch weil viele Nutzer zusätzliche, externe Nachrichtenquellen vermeiden.

Eine Forschergruppe um den Mainzer Kommunikationswissenschaftler Michael Scharkow ist dieser These jetzt nachgegangen. Sie hat die Browser-Verläufe von jeweils mehr als 2000 repräsentativ ausgewählten Internetnutzern der Jahre 2012 und 2018 analysiert.

[Michael Scharkow, Frank Mangold, Sebastian Stier, Johannes Breuer (2020): How social network sites and other online intermediaries increase exposure to news. In: Proceedings of the National Academy of Sciences. https://doi.org/10.1073/pnas.1918279117]

Die Nutzer erklärten sich mit der Protokollierung und Analyse ihrer Internetnutzung im Verlauf eines Monats einverstanden. Die Wissenschaftler untersuchten insbesondere die Frage, ob die Nutzung von Facebook, Twitter, Google und Co. eher zur Nutzung oder eher zur Vermeidung von Online-Nachrichtenangeboten wie etwa „Spiegel Online“, tagesschau.de oder anderen Angeboten führt.

Ausgangspunkt für zusätzliche Nutzung

Die Ergebnisse zeigen: Intermediäre sind häufig der Ausgangspunkt für die Nutzung zusätzlicher Nachrichtenquellen im Internet. Die Nachrichtennutzung weitet sich also aus. Dies gilt sowohl kurzfristig, denn die Wahrscheinlichkeit, auf eine Nachrichtenwebseite zu wechseln, steigt signifikant, wenn vorher eines der genannten Portale genutzt wurde. Und es gilt auch für den langfristigen Effekt, denn Nutzer, die regelmäßig und häufig auf Portal- und Netzwerkseiten surfen, nutzen auch häufiger und intensiver weitere Nachrichtenangebote.

Für die Suchmaschine Google war dieses Ergebnis vielleicht zu erwarten. Für Facebook ist es dagegen überraschend - Social Media-Nutzer interessieren sich also offenbar doch auch für die Welt „da draußen“.

Joachim Trebbe

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false