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Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE, sieht große Wachstumschancen in den USA.

© dpa / dpa/Kay Nietfeld

Pläne von Springer-Chef Döpfner: Make Springer great again

CEO Mathias Döpfner will den Verlag zum größten Verlag Amerikas machen - und an den Marken „Bild“ und „Welt“ festhalten.

Von
  • Sven Gösmann
  • Anna Ringle

Der Medienkonzern Axel Springer will in den USA seine Reichweite deutlich ausbauen. Der Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner sagte im Interview der Deutschen Presse-Agentur: „Heute sind wir nach Reichweite der viertgrößte Verlag in den USA. Wir haben dort in den letzten 15 Monaten 400 Journalistinnen und Journalisten eingestellt.“

Gefragt, wo Springer in fünf Jahren stehen werde, sagte der 60-Jährige: „In den USA wollen wir weiter wachsen. Von Platz 4 kann man auf 3, von 3 auf 2, vielleicht sogar eines Tages von 2 auf 1. Unmöglich ist das nicht.“

Politico als internationale Marke

Döpfner erläuterte: „Politico wird in den USA und auch in Europa expandieren und kann eine echte internationale Marke werden.“ Mit Insider sei man heute schon in 19 verschiedenen Ländern. „Vielleicht werden wir auch noch neue publizistische Angebote dazu kaufen. Und selbst gründen.“

Springer schloss im Oktober 2021 den Kauf der digitalen US-Mediengruppe Politico ab - das war die größte Unternehmensübernahme der Firmengeschichte. Zu Axel Springer gehören auch die journalistischen Digital-Marken Insider und Morning Brew. Der Konzern, der in Deutschland vor allem durch die Marken Bild und Welt bekannt ist, beschäftigt nach eigenen Angaben weltweit mittlerweile 3400 Journalisten, davon einen immer größeren Teil in den USA. Döpfner sagte: „Das sind doppelt so viele Journalisten wie die „New York Times“ oder das „Wall Street Journal“ und mehr als BBC und News Corp.“

Springer erzielte 2022 trotz Krisen wie Ukraine-Krieg, Energie und Inflation rund 3,9 Milliarden Euro Umsatz sowie einen Gewinn von rund einer dreiviertel Milliarde Euro. Das sei mehr als ursprünglich budgetiert, sagte der Konzernchef.

85 Prozent des Umsatzes und mehr als 95 Prozent des Gewinns kommen demnach bereits aus dem Digitalgeschäft. Der Konzern mit aktuell rund 18 000 Mitarbeitern will sich perspektivisch - ohne einen genauen Zeitpunkt zu nennen - vom gedruckten Zeitungsgeschäft verabschieden und ein reines Digitalunternehmen werden.

Zufrieden mit Investor KKR

Springer zog sich 2020 von der Börse zurück und war davor 2019 eine Kooperation mit dem US-Finanzinvestor Kohlberg Kravis Roberts (KKR) für beschleunigtes Wachstum eingegangen. Das Jobbörsenportal Stepstone will Springer an die Börse bringen.

Auf die Frage, wann er damit rechne, dass sich KKR wieder aus dem Konzern zurückziehe, antwortete der Springer-Chef: „Als sie eingestiegen sind, sagten sie uns, dass sie einen Zeithorizont von mindestens fünf Jahren haben, eher sieben, vielleicht auch zehn. Das ist aber überhaupt kein Thema im Moment.“ Man sei mit der Zusammenarbeit mit KKR „außerordentlich zufrieden“.

Der Unternehmenssitz liegt in Berlin, eine Verlagerung nach Amerika ist offensichtlich kein Thema. „In den nächsten Jahren wird der Wachstumsmotor des Mediengeschäfts von Axel Springer viel stärker in Amerika liegen als in Deutschland oder in anderen europäischen Märkten. Dass es dann so etwas wie einen zweiten Standort gibt - das ergibt sich von selbst.“

Zugleich sagte der 60-Jährige: „Dass formal der Rechtsstandort von Berlin nach Amerika verlegt wird - das halte ich für unwahrscheinlich. Axel Springer ist ein transatlantisches Medienunternehmen.“

Döpfner merkt „Personalumschichtung“ an

Unterdessen arbeitete der Konzern in Deutschland an einer neuen Struktur für das Mediengeschäft mit den Flaggschiffmarken „Bild“ und „Welt“. Auf die Frage, ob es Entlassungen bei den beiden Marken geben werde, sagte Döpfner: „Personalumschichtung auf jeden Fall. An der einen Stelle wird es weniger, an der anderen mehr. Das bedeutet auch Trennungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.“ Eine Größenordnung und den Zeitpunkt nannte er nicht.

Seit Herbst wurden die Strukturen des deutschen Mediengeschäfts vor dem Hintergrund des beschleunigten Wandels in der Branche überprüft. Die Auflagen von gedruckten Zeitungen gehen seit Jahrzehnten zurück, das Digitalgeschäft gewinnt für den Konzern auch abseits von Journalismus an Bedeutung.

 Wir haben, was die kulturelle Entwicklung bei Bild betrifft, viel gelernt und verändert.

Mathias Döpfner

Erst kürzlich fuhr Springer das Programm des noch jungen Fernsehkanals Bild TV wieder deutlich zurück. Döpfner führte aus: „Dieses hochambitionierte Nachrichtensenderkonzept war im Rückblick nicht die richtige Idee.“ Der TV-Kanal startete im August 2021, die Zuschauerquoten blieben hinter den Erwartungen zurück. An „Bild“ als größter deutscher Boulevardmarke will Springer festhalten. Auf die Frage, ob es vorstellbar sei, sich von Bild zu trennen, antwortete der 60-Jährige: „Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Bild ist Teil der DNA von Axel Springer.“

Zum Personalwirrwarr in der Bild-Chefredaktion und zum neuen Co-Chefredakteur Robert Schneider, der bisher „Focus“-Chefredakteur war, sagte Döpfner: „Wir freuen uns sehr auf ihn. Wann er genau kommt, wissen wir noch nicht, weil Burda zunächst über seine Nachfolge entscheiden muss.“ Medien hatten berichtet, dass das Unternehmen von Schneider einen Drogentest fordere. Döpfner kritisierte: „Dass wir für bestimmte Führungspositionen wie viele andere international tätige Unternehmen auch bestimmte Einstellungsvoraussetzungen definieren - dazu kann dann auch ein Drogentest gehören - das ist das eine.

Aber die Art und Weise, wie das öffentlich thematisiert wurde, war schon ein ziemlich beispielloser Angriff auf die Persönlichkeit des Betroffenen.“ Die Drogentest-Praxis im Haus sei eine „neue, international immer üblichere Entwicklung“.

Affäre Reichelt ist abgeschlossen


Auf den Skandal zum entlassenen Ex-„Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt um Vorwürfe des Machtmissbrauchs, die dieser zurückwies, ging der Springer-Chef im Interview nicht ein: „Wir haben, was die kulturelle Entwicklung bei Bild betrifft, viel gelernt und verändert. Ansonsten könnte ich nur das wiederholen, was wir so oft schon gesagt haben. Und das möchte ich nicht mehr. Wir haben damit abgeschlossen und das ist nach zwei Jahren auch legitim.“ (dpa)

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