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Immer wieder kommt es zu Konfrontationen zwischen Trump und Journalisten wie dem CNN-Korrespondenten Jim Acosta.

© Evan Vucci/AP/dpa

Pressefreiheit in den USA: Zeitung berichtet von gezielter Kampagne gegen Trump-kritische Journalisten

Immer wieder werden Journalisten von Medien bloßgestellt, die kritisch über den US-Präsidenten berichten. Dahinter steckt laut "New York Times" eine Kampagne.

„Feinde des Volkes“, „Fake News“, „korrupter Journalismus“ oder wie in der vergangenen Woche „teuflische Propagandamaschine der Demokratischen Partei“: Die Versuche von US-Präsident Donald Trump, die Glaubwürdigkeit der kritischen Presse zu unterminieren, scheinen keine Grenzen zu kennen. Wie die „New York Times“ unter Berufung auf mehrere Eingeweihte berichtete, wird diese Rhetorik nun noch durch eine Kampagne konservativer Kreise begleitet, die es gezielt auf den Ruf einzelner Journalisten abgesehen haben soll. Demnach versuchen Trump nahestehende Personen im Internet, Vertreter jener Medienhäuser bloßzustellen, die dem Präsidenten und seinem Umfeld ihrer Ansicht nach „feindlich“ gesinnt sind, vor allem CNN, „New York Times“ und „Washington Post“.

Ihr Vorgehen ähnelt dabei dem aggressiver politischer Wahlkampagnen: Sie suchen in alten Social-Media-Äußerungen und anderswo nach kritikwürdigen Aussagen, speichern sie, so dass sie auch nach einer eventuellen Löschung erhalten bleiben, und drohen damit, sie publik zu machen. In mehreren Fällen sei dies auch bereits geschehen, schreibt die „New York Times“. Zuletzt in der vergangenen Woche, allem Anschein nach als Reaktion auf zwei kritische Stücke der Zeitung – eines über Trumps Judenkritik und eines über den Fragen aufwerfenden Lebenslauf seiner neuen Sprecherin Stephanie Grisham. Die rechte Internetseite „Breitbart News“ veröffentlichte kurz nach dem Grisham-Porträt einen Artikel über antisemitische und rassistische Tweets des „Times“-Politikredakteurs Tom Wright-Piersanti, die dieser vor einem Jahrzehnt als College-Student abgesetzt hatte. So hatte er 2009 erklärt: „Es gibt vier Inder mit Irokesenhaarschnitt in dieser einen Klasse, und jeder ist auf seine Weise ein Trottel. Ich hasse Irokesen-Inder.“ Am Neujahrstag 2010 hatte er getwittert, einer seiner Vorsätze sei es, weniger antisemitisch zu sein.

Dass sich die Zeitung umgehend distanzierte, der Betroffene selbst, der nach Angaben der Zeitung mit dem Porträt gar nichts zu tun hatte, sich entschuldigte und seine Tweets löschte, half nicht viel. Der Shitstorm tobte – und weitere Veröffentlichungen über andere „Times“-Mitarbeiter wurden angedroht.

Das Weiße Haus will nichts von einer Kampagne wissen

Unter anderem von Arthur Schwartz, offenbar eine der Schlüsselfiguren der Kampagne. Der 47-Jährige, ein konservativer Berater und laut dem Bericht befreundet mit dem ältesten Präsidentensohn Donald Trump Jr., hat unter anderem mit dem rechten Ex-Berater von Trump, Stephen Bannon, zusammengearbeitet. Auch in früheren Fällen hat Schwartz alte Tweets von Journalisten hervorgehoben, nachdem diese Trump kritisiert hatten. Zum Beispiel im Fall der CNN-Korrespondentin für das Weiße Haus, Kaitlan Collins, die sich in ihrer College-Zeit vor mehr als sieben Jahren homophob geäußert hatte, wie Schwartz im Oktober twitterte. Collins hatte in Tweets von „Tunten“ gesprochen und erklärt, sie fühle sich unwohl bei dem Gedanken, ein Zimmer mit einer Lesbe zu teilen. Auch hier half es zunächst wenig, dass sie sich umgehend entschuldigte.

Sowohl das Weiße Haus als auch das Trump-Wahlkampfteam behaupten, nichts von einer Kampagne zu wissen, dabei ist deren Ziel klar: Die Veröffentlichungen sollen dem Weißen Haus nutzen und werden als Vergeltung für kritische Berichterstattung über die Regierung eingesetzt. Schwartz bekennt sich auf Twitter auch ganz öffentlich dazu: So schrieb er etwa im Oktober des vergangenen Jahres: „Ich habe CNN jetzt erstmal genug kritisiert. Sie sollten sich mehr auf ihre eigene Heuchelei konzentrieren, wenn sie die Trump-Regierung attackieren – Attacken, die sich in der Regel auf alte Tweets und Facebook-Posts stützen. Mir wurde gesagt, dass es Akten über mehr als 35 CNN-Reporter gibt, die veröffentlicht werden, wenn sie es nicht tun.“

Die Medien sind alarmiert

Die betroffenen Medienhäuser äußerten sich besorgt. „Wenn so etwas eindeutig als Vergeltung eingesetzt wird, ist es eindeutig eine Attacke und eindeutig nicht Journalismus“, erklärte der frühere „Washington Post“-Chefredakteur Leonard Downie Jr.. Zwar seien Spannungen zwischen Präsidenten und der Presse nichts Neues, aber eine organisierte Kampagne mit dem Ziel, Journalisten bloßzustellen und ihren Job zu gefährden, habe eine neue Qualität. „Times“-Herausgeber A. G. Sulzberger sprach von einem neuen Tiefpunkt der präsidentiellen Angriffe auf die freie Presse. „Das Ziel dieser Kampagne ist es ganz klar, Journalisten bei ihrer Arbeit einzuschüchtern“, die darin bestehe, politisches Fehlverhalten aufzudecken, erklärte er. Aber seine Zeitung lasse sich nicht zum Schweigen bringen. CNN erklärte, wenn Regierungsmitarbeiter oder Personen in ihrem Umfeld Reporter bedrohten, sei das sehr gefährlich.

Auch von politischer Seite kam Kritik auf. So twitterte der demokratische Senator von Oregon, Jeff Merkley: „Eine freie Presse (...) stellt sicher, dass auch die Mächtigsten unter uns zur Verantwortung gezogen werden können. Die Einschüchterung von Reportern, um Berichterstattung zu beeinflussen, ist die Taktik von Diktatoren und hat hier keinen Platz.“

Schwartz selbst erklärte, seine Rolle sei in dem Bericht stark übertrieben dargestellt. Dementieren wollte er die Story aber nicht.

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