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TOPF VOLL Gold: Prinz Charles und die tote Frau

Die "Freizeitwoche" findet Leichen an prominenter Stelle und schockt die Leser - damit die Auflage steigt.

Wer lange genug sucht, findet in jedem Keller eine Leiche. Zur Not muss „Leiche“ nur etwas großzügiger definiert werden. Oder „Keller“. Oder beides.

Die Redakteure der Regenbogenpresse sind verdammt gut darin, Leichen, die keine sind, in Kellern zu finden, die ebenfalls keine sind. Die „Freizeitwoche“ schreibt in ihrer aktuellen Ausgabe allerdings tatsächlich mal über eine echte Tote. Gefunden wurde die Frau in England. Und sie ist der „Freizeitwoche“ deshalb eine große Geschichte wert, weil sie nicht etwa irgendwo gefunden wurde, sondern auf dem Anwesen von – aufgepasst! – Prinz Charles.

„Mysteriös: Auf dem Grundstück von Prinz Charles, 65, wurde ein verbrannter Leichnam entdeckt“, verkündet das Blatt und rätselt: „Wer ist die mysteriöse Tote auf seinem Anwesen?“

Nun muss man wissen, dass das „Grundstück“ von Prinz Charles etwas größer ist als das eines durchschnittlich adeligen Briten. Als Sohn der Chefin kommen da gut einige Hektar zusammen. Und so wurde die Tote auch nicht zwischen Charles’ Rasensprengern hinterm Buckingham Palace gefunden, sondern in einer Hügellandschaft in der englischen Grafschaft Devon.

Aber immerhin: Die Leiche ist echt. Jemand hatte die verbrannten Knochen der Frau zusammen mit Schmuck in ein Fell eingewickelt, war auf einen der höchsten Hügel gestiegen und hatte dort alles in einer kleinen Steinkiste vergraben. Das muss jetzt so ungefähr 4000 Jahre her sein, die Frau starb demnach in der frühen Bronzezeit.

Eine recht betagte Tote also. Exhumiert wurden ihre Überreste erst vor ein paar Jahren von Archäologen. Das verrät die „Freizeitwoche“ auch alles im Text. Auf dem Cover hat sich die Redaktion aber für eine Kurzversion ohne den ganzen Klimbim entschieden: „Prinz Charles – SCHOCK-FUND – Mysteriöse Tote auf seinem Anwesen“. Verkauft sich sicher besser als ein Museumsstück.

Mats Schönauer

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