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Drei für RTL: Marco Hagemann (von li.), Jens Lehmann und Florian König.

© dpa

Medienkritik zur EM-Quali: "RTL hasst das Fernsehen"

Unser Kritiker lässt kein gutes Haar an der Übertragung des EM-Qualifikationsspiels gegen Schottland: Das RTL-Team lässt Kritik, Tiefgang und Analysen vermissen.

So einem Fußballspiel ist es ja im Grunde egal, wo es läuft. Und Thomas Müller würde vermutlich auch Tore schießen, wenn ein Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft im WDR gezeigt werden würde. Obwohl: Das EM-Qualifikationsspiel Deutschland gegen Schottland wäre bestimmt besser gewesen, wenn es im WDR gekommen wäre.

Es geht aber hier gar nicht um das Spiel. Wie das Spiel war, darum kümmern sich hier die Kollegen vom Sport-Ressort. Uns geht es um andere Dinge, darum, wie der sterbende Privatsender RTL sein erstes Qualifikationsländerspiel weggesendet hat. So, wie er alles andere auch wegsendet: Mit Verachtung gegenüber dem Medium Fernsehen.

Ja, genau: Bei RTL hassen sie Fernsehen. Anders ist das alles nicht mehr zu erklären. Die Vorberichte bestehen ausschließlich aus Schmonzetten-Trailern. Da gibt es gefühlige Musik, schnelle Schnitte, keinen Inhalt. Vom RTL-Show-Desaster „Rising Star“ muss noch einiger technischer Schnick-Schnack übrig geblieben sein: Deshalb wurden überall hin irgendwelche Bilder „geworfen“, ohne Sinn, ohne Verstand.

Lehmann ist kein kritischer Denker

Für den Verstand, so dachte man sich das bei RTL, soll der Experte Jens Lehmann sorgen, der bei manchen als „kritischer Zeitgenosse“ gilt. Allerdingsist man noch kein kritischer Denker, wenn man zur Protokoll gibt, man würde die Aufstellung nicht verstehen. Vor allem dann nicht, wenn man das Florian König sagt, der bei RTL immer dann ran muss, wenn das Programm auch nur annähernd etwas mit Sport zu tun hat (Formel 1, Boxen).

König allerdings wird schon nervös, wenn seine Gesprächspartner einen Satz zu Ende bringen wollen. Weil man doch längst in die Werbung abgeben müsste. Zieht RTL König das vom Gehalt ab? Oder bekommt der Mann sein Geld direkt vom DFB? Denn als König zum Spiel abgibt, wünscht er „viel Spaß bei der Inszenierung“.

Die Halbzeitanalyse dauert nur eine Minute - "tolles Spiel"

Die „Inszenierung“ wird dann von einem Mann kommentiert, der sich als Stimmenimitator von Wolf-Christoph Fuß entpuppt, jenem pummligen Kerlchen, der sich für den besten Fußballkommentator der Welt hält. Aber wo das Original irrt, kann die Kopie nicht richtig liegen. Auf Twitter spekulierten einige, ob der Kommentator getrunken habe. Das glaube ich nicht. Bei RTL sind alle einfach super drauf. Die finden sogar, dass eine Halbzeitanalyse nur eine Minute dauern muss. Und die Feststellung „tolles Spiel“ reicht.

Nee, das reicht alles leider nicht. Auch nicht mit stattlichen 10,89 Millionen Zuschauern. Wir möchten hier auf den großen RTL-Kritiker Jan Böhmermann verweisen, der Lukas Podolski mit einer Aussage berühmt gemacht hat, die wir hier leicht abwandeln: Fußball sieht bei RTL aus wie Boxen. Nur ohne Autos.

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