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„Wir können Hass genauso schnell verlernen, wie wir ihn annehmen“, sagt Steven Spielberg, der Produzent der sechsteiligen Doku-Reihe.

© ZDF/getty images

„Warum wir hassen“: Der Extremismus und seine Wurzeln

Eine von Steven Spielberg produzierte Doku-Serie erklärt, warum es beim Thema Hass und Radikalisierung sowohl Schrecken als auch Hoffnung gibt.

„Ein Wolf ist der Mensch dem Menschen“, dichtete der Römer Plautus (254-184 v.Chr.) in seiner Komödie „Asinaria“. Bedenkt man die Fähigkeiten des Homo sapiens sapiens, sich einander Leid zuzufügen, hat Plautus dem armen Wolf eigentlich bitteres Unrecht getan. Die Vielfalt der menschlichen Abgründe blättert nun die unter anderem von Steven Spielberg produzierte Dokumentar-Serie „Why we hate“ des Discovery Channel auf.

Die deutschen Ausstrahlungsrechte verkaufte das US-Unternehmen indes der größeren Reichweite wegen ans ZDF, der deutsche Discovery-Ableger zeigt den Sechsteiler nicht. Komplett ist „Warum wir hassen“ zur besten Sendezeit beim Spartenkanal ZDFinfo zu sehen, Folge vier („Extremismus“) wird gleichzeitig am kommenden Dienstag auch im ZDF-Hauptprogramm ausgestrahlt. Ab dem 18. November ist die Serie vollständig in der ZDF-Mediathek zu finden.

Eine Analyse über die Entstehung von Hass kommt, so scheint es, gerade recht, und das ZDF hat sich mit der deutschen Bearbeitung auch nicht viel Zeit gelassen. Die Serie startete in den USA gerade erst im Oktober. Den Machern war dabei wichtig, nicht nur Schrecken zu verbreiten. „Wir können Hass genauso schnell verlernen wie wir ihn annehmen“, sagte Spielberg in einem CBS-Interview.

Die letzte Folge des Sechsteilers lautet denn auch „Hoffnung“, und schon zuvor schildern Regisseurin Gaeta Gandbhir und Regisseur Sam Pollard immer wieder Beispiele der Umkehr. In Folge eins („Ursprung“) ist es eine junge Frau aus einer fundamentalistischen Kirchengemeinde in Westboro im US-Bundesstaat Kansas, deren Mitglieder das Wort Hass in ihrem Feldzug gegen Schwule, Juden und das ganze „verdammte Amerika“ ständig im Munde führen. In der vierten Folge finden ein Neonazi und ein islamistischer Gotteskrieger Wege in ein neues Leben.

Den Rahmen bilden Forschungsexperimente und Interviews mit Wissenschaftlern sowie einigen Journalisten fast ausschließlich aus dem englischsprachigen Raum. Zu Beginn der etwas wirren Auftaktfolge wird die evolutionäre Ausprägung von Hass am Beispiel unserer engsten genetischen Verwandten, der Schimpansen und Bonobos, untersucht. Über einen Versuch mit Kleinkindern an der Yale University, das erstaunliche Verhalten von Kapuzineräffchen und Bilder vom noch erstaunlicheren Verhalten des Menschen im Straßenverkehr geht es dann in forschen Sprüngen zum Thema Mobbing und Amokläufen.

Gefährliche Einteilung der Gesellschaft

Stringenter geht es in Folge zwei („Fremde“) zu, die sich mit Stammesverhalten und Gruppendynamik beschäftigt. Rivalisierende Fußballfans (am Beispiel von Arsenal und Tottenham), die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft oder auch der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern dienen als Beleg dafür, wie leicht Hass entsteht, „wenn wir die Welt erst einmal in Wir und Die aufgelöst haben“, wie die Psychologin Laurie Santos erklärt.

[„Warum wir hassen“; sechs Folgen, ZDFinfo, ab Sonntag, 20 Uhr 15; Folge vier, ZDF, Dienstag, 20 Uhr 15]

Und was gefälschte, bei Facebook gepostete Botschaften anrichten können, wird schon hier und nicht erst in den Folgen drei („Propaganda“) und fünf („Völkermord“) thematisiert. Der Verfolgung der Rohingya in Myanmar sei die Verbreitung eines Fake-Videos vorausgegangen, das die Vergewaltigung einer buddhistischen Frau durch Muslime zeigt, sagt Max Fisher, Reporter bei der „New York Times“.

Notgedrungen kommt die Serie nicht ohne Bilder voller Gewalt aus. Mal sind es schnell geschnittene, kurze Strecken aus Handyvideos, mal Nachrichtenbilder und historische Aufnahmen. „Diese Bilder werden an keiner Stelle als Schockelemente eingesetzt und bringen weder ein ,Opfergefühl‘ hervor noch animieren sie zur Nachahmung“, lautet das Ergebnis der internen Jugendschutzprüfung, wie ein Sprecher des ZDF mitteilt.

Besonders brutale Gewalt werde überwiegend nicht mit bewegten Bildern gezeigt, außerdem würden die rationalen Kommentare der Wissenschaftler für „emotional entlastende“ Momente sorgen. Deshalb entschied sich der Sender dagegen, die Serie als ungeeignet für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren einzustufen, was eine Ausstrahlung erst ab 22 Uhr erforderlich gemacht hätte – eine nachvollziehbare Entscheidung, aber alleine sollte man jüngere Zuschauer mit den gesammelten menschlichen Missetaten besser auch nicht lassen.

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