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Sky Doku-Serie „Petra Kelly.

© obs / Sky Deutschland

Was geschah mit Petra Kelly?: Die Pazifistin und der Waffennarr

Eine Sky-Dokuserie erinnert an den rätselhaften Tod von Petra Kelly und Gert Bastian. Dessen Motiv muss letztlich Spekulation bleiben.

Vor 30 Jahren, mutmaßlich am 1. Oktober 1992, wurde die Umwelt- und Friedensaktivistin, Grünen-Mitbegründerin und ehemalige Bundestagsabgeordnete Petra Kelly im Schlaf von ihrem Lebensgefährten Gert Bastian erschossen. Anschließend tötete sich der Bundeswehr-General a. D. selbst. Erst nach 18 Tagen wurden die Leichen in ihrer Wohnung in Bonn-Tannenbusch gefunden.

Die Nachricht löste Entsetzen nicht nur bei der eigenen Partei aus, in der die beiden Mitglieder zu dem Zeitpunkt auf dem Abstellgleis gelandet waren. War es ein „erweiterter Suizid“? Wurden Petra Kelly, die international prominente Politikerin, und Gert Bastian, der als ehemaliger Berufssoldat für Abrüstung stritt, ermordet?

Im Gespräch waren: Rechtsextreme, die Stasi, der chinesische Geheimdienst, die Rüstungslobby, die Atommafia. Keine dieser Theorien ließ sich belegen, dennoch bleibt die Frage offen, warum Gert Bastian zur Waffe griff. In der Schreibmaschine fand sich ein Brief, den Bastian mitten im Wort „müssen“ unterbrach. Also ein spontaner Entschluss?

Zum Tod von Petra Kelly und Gert Bastian hat es bereits mehrere Bücher und Filme gegeben. Nun legt Sky mit dem Doku-Dreiteiler nach. Die beliebten „True Crime“-Formate haben allerdings bisweilen die Eigenheit, dass sie mit einigem Aufwand den Eindruck erwecken, einen geheimnisvollen Fall aufklären zu können („Petra Kelly – Der rätselhafte Tod einer Friedensikone“, ab 1. Oktober, Sky) .

„Dieses Sky Original versucht endlich eine Antwort auf die bis heute ungeklärte Frage zu finden, warum Kelly und ihr Lebensgefährte Gert Bastian ums Leben kamen“, teilt auch Sky-Vizepräsident Christian Asanger mit.

Sie komme ohne ihn nicht zurecht

So gesehen war Autorin Anna Grün zum Scheitern verurteilt. Bastians Motiv muss letztlich Spekulation bleiben. Alles andere scheint ohnehin nicht mehr ernsthaft umstritten zu sein, wie die Autorin ausführlich aufarbeitet. Auch die Herzinfarkt-Theorie, die im Film von Gert Bastians Sohn Till und dem ehemaligen BKA-Fallanalytiker Michael Baurmann vertreten wird, steht auf wackligen Füßen.

Demnach habe Bastian aus „Vernichtungsschmerz“ (Till Bastian) – dem subjektiven Gefühl heraus, er müsse sterben – Petra Kelly getötet, weil er der Meinung gewesen sei, sie komme ohne ihn nicht zurecht. Von den Ergebnissen der Obduktion der beiden Leichen erfährt man im Film aber nichts. Und wie man mehr als zwei Wochen nach dem Tod feststellen will, dass Bastian nach einer Herzattacke von der Schreibmaschine aufgestanden und direkt zur Tat geschritten ist, wird im Film auch nicht erläutert.

Mag also sein, dass Autorin Grün, schaut man nur auf den kriminalistischen Aspekt, nicht allzu viel Neues erzählt. Doch ihr gut zweistündiges Werk blickt eindringlich auf die Ära der 1980er Jahre, auf die frühen Jahre der Grünen und die gesellschaftlichen Konflikte um Rüstung und Atomkraft. Unter der Lupe, die auf die schillernde Beziehung zwischen Kelly, der Pazifistin, und Bastian, dem Ex-General und „Waffennarr“ (Alice Schwarzer), gerichtet ist, wird Zeitgeschichte sichtbar.

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Auch Bezüge zur Gegenwart arbeitet Grün heraus. Petra Kelly wurde, wie politisch engagierte Frauen heute auch, bedroht. Der Hass kam vor 30 Jahren per Post. Und die Bilder vom Krieg in der Ukraine und von den „Fridays for Future“-Demos belegen, dass Kellys Themen Frieden und Ökologie nichts an Bedeutung verloren haben. Für viele ist sie bis heute Inspiration.

Neben den Bastian-Kindern Till und Eva, Konstantin Wecker, dem damaligen Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU), der DDR-Bürgerrechtlerin Ulrike Poppe, der Klimaaktivistin Carla Reemtsma sowie verschiedenen Expert:innen und Publizist:innen kommen vor allem Grünen-Politiker:innen zu Wort.

Aus der Gründergeneration Lukas Beckmann, Marieluise Beck, Christa Nickels und Antje Vollmer, aus der aktuellen Riege Aminata Touré und Anton Hofreiter. Joschka Fischer und Otto Schily, die 1983 gemeinsam mit Petra Kelly als erste Grünen-Abgeordnete in den Bundestag eingezogen waren, sagten aus terminlichen Gründen ab.

Die Montage von Marcel Ozan Riedel wechselt zwischen Krimi, Biopic und Politdoku. Interviews, Privataufnahmen und Archivbilder bieten enorme Materialfülle. Allerdings muss man darauf gefasst sein, dass auch mal Maden über den Teppich kriechen, auf Blutspritzer gezoomt wird und krachende Pistolenschüsse abgefeuert werden – in den nachgestellten, zum Teil effektheischenden Szenen, die in diesem Genre Standard sind.

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