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"Fashion Hero"-Mentor und Stylist Sascha Lilic.

© dpa

TV-Kritik "Fashion Hero": Weniger Kreisch, mehr Kaufhaus

Die neue Show "Fashion Hero" läuft zwar auf dem gleichen Sender, wie Heidi Klums Model-Retorten-Camp, ist aber komplexer. Nicht junge Frauen, sondern die Leidenschaft zur Mode steht im Zentrum.

Nein, sie ist keine Heidi. Wirklich nicht. Auch wenn es diesen einen kleinen Moment gibt, ganz am Ende der Sendung. Da sagt Jury-Mitglied Claudia Schiffer: "Es darf nur einer weitergehen." Und Moderator Steven Gätjen fügt wie automatisiert hinzu: "Es gibt ja nur einen Fashion Hero." Eine Hommage an Heidi Klums Model-Retorten-Camp? Eher nicht. Die neue Show "Fashion Hero" läuft zwar auf dem gleichen Sender, ist aber komplexer: "Es geht nicht nur um Style. Es geht um die Liebe – zur Mode", heißt es schon im Vorspann. Und diese Liebe müssen zehn Designer erst noch beweisen, in dem sie fleißig um die Gunst dreier Einkäufer von Modehäusern nähen.

Es geht also nicht ums Aussehen, es geht ums Anziehen. Das klingt irgendwie normaler, und das ist es auch. "Fashion Hero" ist weniger Kreisch, mehr Kaufhaus. Deshalb scheitert auch Designerin Doris, 33, aus München. Das von ihr entworfene Business Outfit und das "Bodycon-Kleid" interessieren die Einkäufer nicht. "Das hat nicht genug Punch", lautet die Kritik einer Einkäuferin. "Ich sehe nicht genug Kundinnen darin", sagt die andere. "Es ist nicht Kaufhaus, es ist Boutique", übersetzt Jury-Mitglied Sascha Lilic, und die Zuschauer meinen zu ahnen, warum neben den drei Einkäufern auch noch drei "Mentoren" am Laufstegrand sitzen.

Schnitte, Stoffe und Ideen

Die Models, die die Mode präsentieren, sind nur Beiwerk, hier geht es um Schnitte, Stoffe, Ideen. Die Leidenschaft, die "Liebe zur Mode", zeigt sich allerdings nur kurz beim hektischen Schneidern, im Gewusel der Designer durch Stoffe, Muster und vorbei an den guten Ratschlägen der Mentoren. Den Rest der Zeit wird präsentiert und gewertet.

Ständig stehen Designer und Mentoren bangend neben dem Laufsteg und warten auf die Angebote der Einkäufer. Kommen die, werden die Kleider – "schon morgen!" – in den jeweiligen Modehäusern erhältlich sein. Das fühlt sich oft wie Werbepause an und die Versuchung ist groß, zum Kühlschrank zu rennen. Schließlich sollte man sich für den großen "Fashion-Showdown" zu wappnen, der ständig von Moderator Gätjen angedroht wird. Der große Knall à la Topmodel aber bleibt aus. Denn: Die meisten der zehn Designer, die in der ersten Folge vor Jury und Einkäufer treten, sind sympathische, bodenständige Typen, ziemlich normal, ohne eine Spur von Glamour.

Wie Henning und Christian, beide 29, aus Wedel, die über das Hobby zur Mode gekommen sind, und die über ihre eigenen dilettantischen Skizzen lachen: "Ein Malkurs für Kinder". Oder Kathleen, 43, aus Mannheim, früher, wie sie sagt, mit Fokus auf Mutter und Ehefrau, jetzt Designerin. Kathleen entwirft ein Oberteil, das auch kaschiert, "wenn man mal ein Brötchen zu viel gegessen hat". Da lacht Topmodel Claudia Schiffer. Warum wohl? Die 43-Jährige sieht bombig aus, allerdings nicht so, als habe sie jemals ein Brötchen zu viel gegessen.

Claudia Schiffer auf dem Jury-Thron

Als Kathleen nicht weiter kommt, schaut Claudia Schiffer betroffen drein. Das Topmodel bleibt aber an seinem Platz auf dem Jury-Thron, weit entfernt von Kathleen und der Enttäuschung. Getröstet wird in dieser Sendung nicht, kein Knuddeln, kein Zuspruch, Claudia ist keine Heidi-Mami, sie albert nicht, sie fiepst nicht. Überhaupt gibt es kaum Jury-Gehampel.

Nur bei Designer Riccardo, 20 Jahre jung, aus Düsseldorf, verklären sich die Jury-Blicke. Als das Model in Riccardos dramatischen Abendkleid mit schwarzer Spitze und ausgeschnittenen Rücken über den Laufsteg schwebt, haucht Lilic: "Wir haben einen Star in the Making." Schiffer wagt sogar den Vergleich mit Star-Designer Valentino. Doch vergebens, Riccardo passt nicht ins Kaufhaus. Kein Angebot.

"Es geht mir auf den Sack", echauffiert sich Moderator Gätjen, als niemand die extravagante Mode von Cansu, 25, aus Nürnberg, und Emanuel, 29, aus Düsseldorf kaufen möchte. "Unsere Läden sind in Deutschland", gibt der Karstadt-Einkäufer zurück. Das holt die Sendung weg vom roten Teppich, runter auf deutschen Boden. Es geht also nicht nur um die Liebe zur Mode, sondern ums Verkaufen. Okay.

Nach zwei langen, ernüchternden Stunden sind sechs Designer weiter und das eigene Fashion-Vokabular um Begriffe wie "Signature Style", "egdy" und "Fashion-Showdown" gewachsen. Am Ende bleibt der Eindruck, eine sehr lange Werbesendung gesehen zu haben. Auf Twitter bringt es Zuschauerin @VennyBel auf den Punkt: "Danke Fashion Hero jetzt hab ich Bock shoppen zu gehen".

Sarah Levy

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