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Holger Friedrich, Verleger und Besitzer des Berliner Verlags.

© dpa/Britta Pedersen

Update

WhatsApp mit Interna: Verleger Holger Friedrich informierte Springer über Reichelt-Leak

Ex-„Bild“-Chef Julian Reichelt soll dem Verleger der „Berliner Zeitung“ interne Springer-Informationen geschickt haben. Der macht den Vorgang öffentlich. Das könnte auch juristisch relevant sein.

| Update:

Es ist die nächste überraschende Volte im Streit zwischen dem ehemaligen „Bild“-Chef Julian Reichelt und dem Axel-Springer-Verlag, seinem ehemaligen Arbeitgeber. Wie der „Spiegel“ berichtet, soll Reichelt dem Verleger des Berliner Verlags, Holger Friedrich, interne Nachrichten aus dem Springer-Führungskreis erst angeboten und später unaufgefordert geschickt haben.

Springer hatte vergangene Woche eine Millionenklage gegen Reichelt eingereicht; einer der Vorwürfe: unerlaubte Weitergabe von internen Informationen.

Im Berliner Verlag erscheint die „Berliner Zeitung“. Friedrich bestätigte den Vorgang gegenüber dem „Spiegel“ und in einem Interview mit dem „Manager Magazin“. Außerdem habe Reichelt Dokumente an die Redaktion der „Berliner Zeitung“ geschickt. Nach Sichtung des Materials habe man sich dort gegen eine Veröffentlichung entschieden und das Material vernichtet, erklärte Friedrich.

Friedrich informierte laut eigener Aussage Springer schriftlich über den Vorgang. Bei Springer selbst will man zur Sache keinen Kommentar abgeben. Ob die Informationen von Friedrich in der Klage gegen Reichelt zum Einsatz kommen, ist aktuell unklar.

Friedrich sagt zu dem Fall im Interview mit dem „Manager Magazin“: „Ich habe entschieden, sie (die Informationen, Anm. d. Red.) nicht zu verwenden, weil dies gegen Persönlichkeitsrechte und weitere professionelle Standards verstoßen hätte. Es wäre schlicht rechtsmissbräuchlich gewesen.“ Private Nachrichten sollten auch privat bleiben, findet Friedrich.

Der Vorgang ist aus mehreren Gründen erstaunlich. Die bei Springer erscheinende Zeitung „Welt“ hatte 2019 über Holger Friedrich berichtet, unter anderem darüber, dass er als Spitzel für die DDR-Staatssicherheit tätig war, und aus seiner Stasi-Akte zitiert. Die Enthüllungen sorgten damals auch für internen Ärger in der Redaktion der „Berliner Zeitung“. Dass Friedrich nun Springer in der Causa Reichelt unterstützt, ist zumindest nicht selbstverständlich.

Friedrich sieht Persönlichkeitsrechte der Springer-Führung verletzt

Hinzu kommt, dass Informanten, die sich an Journalisten wenden, normalerweise anonym bleiben, Quellenschutz genießen.

Friedrich spricht gegenüber dem „Manager Magazin“ von einem „Grenzfall“, der intern diskutiert worden sei. „Es ist eine Frage professioneller Standards, den anderen darüber zu informieren, dass mir unsaubere Informationen zur Verfügung gestellt wurden. Und ich habe nicht die Informationen zur Verfügung gestellt, die habe ich vernichtet“, erklärt er. Und weiter: „Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der private Informationen von exponierten Personen öffentlich werden.“

Friedrich fordert in dem Interview eine Debatte über Medienethik, also darüber, welche Informationen Medien veröffentlichen sollten und welche nicht. Wo Friedrich in der Sache steht, daraus macht er kein Geheimnis. Er kritisiert die Enthüllungen der „Zeit“, die kürzlich interne Chatnachrichten von Springer-Chef Mathias Döpfner veröffentlichte.

„Die Frage ist doch, inwieweit es journalistischen Qualitätsstandards entspricht, wenn man die private, persönliche Kommunikation eines Vorstandsvorsitzenden veröffentlicht, so wie es die ‚Zeit‘ gerade getan hat. Das hat aus meiner Sicht bestenfalls Unterhaltungswert; das kann man gerne in der Yellow Press machen, aber nicht in der seriösen Presse“, erklärt Friedrich. Die „Zeit“ gehört zur Hälfte zur DvH Medien GmbH, die auch Anteilseigner des Tagesspiegels ist.

Weniger medienphilosophisch geht es derweil zwischen Reichelt und Springer zu. Laut einem Bericht des „Spiegel“ wird es am 9. Juni zu einem ersten Termin zwischen den beiden Parteien vor dem Arbeitsgericht in Berlin kommen. Neben einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung hat Springer aber jetzt auch strafrechtliche Schritte gegen Reichelt eingeleitet. Springer wirft Reichelt demnach „Betrug“ vor. Ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft bestätigte dem „Spiegel“, dass derzeit geprüft werde, „ob sich aus der Anzeige ein Anfangsverdacht für eine Straftat ergibt, der zur Aufnahme von Ermittlungen berechtigen würde“.

Auf der anderen Seite prüft der Ex-„Bild“-Chef aktuell eine Klage gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber, seinen Rausschmiss betreffend. Das Verfahren, das zur Kündigung führte, sei nicht mit der nötigen Sorgfalt geführt worden, sagt Reichelts Anwalt Ben Irle. Unter anderem seien Vorwürfe gegen Reichelt, die seinen Machtmissbrauch gegenüber Kolleginnen betreffen, nicht ausreichend geprüft worden.

Tatsächlich deuten Chatverläufe zwischen Reichelt und einer mutmaßlich betroffenen Mitarbeiterin, über die das Branchenportal „Medieninsider“ zuletzt berichtete, darauf hin, dass zumindest in diesem Fall die sexuelle Beziehung einvernehmlich war, die Avancen sogar teilweise von der Mitarbeiterin ausgingen.

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