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Aufstieg und Fall des Gurus Bhagwan, aus der Perspektive seiner Anhänger.

© WDR/Moritz Boerner

Bhagwan-Doku im Ersten: Wohin mit so viel Glückseligkeit und Liebe?

Eine ARD-Doku über Bhagwan und die Deutschen übersieht die Schattenseiten dieses Erweckungserlebnisses.

Stand:

Ende der Siebziger machten sich viele Deutsche auf den Weg ins indische Poona, um dort in einem sogenannten Ashram zu leben. Die Kommune war 1970 von einem Philosophen gegründet worden, der sich als spiritueller Lehrer den Namen Bhagwan Shree Rajneesh gegeben hatte. Alsbald kursierten abenteuerliche Gerüchte über die Vorgänge innerhalb der Kommune. Der Dokumentarfilm „Ashram in Poona“ (1980) gab ihnen zusätzliche Nahrung: Junge Leute, überwiegend nackt, taten seltsame Dinge, die ein konservatives Publikum schockieren mussten.

Gut vierzig Jahre später versucht Jobst Knigge in seinem Film „Bhagwan - Die Deutschen und der Guru“ zu ergründen, was diese Menschen damals bewogen hat, alle Brücken hinter sich abzubrechen. Das Ergebnis ist durchaus faszinierend, wenn auch nicht in filmischer Hinsicht, denn die Anmutung ist eher schlicht: Knigge lässt seine Protagonisten erzählen und illustriert ihre Berichte mit dokumentarischen Aufnahmen. ("Bhagwan – Die Deutschen und der Guru“, Montag, ARD, 23 Uhr 20).

Weil er auf einen Kommentar verzichtet hat, müssen die Hintergrundinformationen durch die Aussagen vermittelt werden. Deshalb schildern die Männer und Frauen, alle mindestens 60 plus, zunächst die Rahmenbedingungen.

Deutschland in den späten Siebzigern war ein Land in Aufbruchstimmung, zumindest unter akademischen Jugendlichen, die oft eine radikal linke und entsprechend ignorante Haltung vertraten: Wer nicht für sie war, war gegen sie und wurde ausgeschlossen.

Deshalb wählten die späteren Sanyasins eine andere Form der Revolution und gingen nach Indien. Dort hatten viele bei der Begegnung mit Rajneesh eine Art Erweckungserlebnis. Es war, heißt es im Film, „als ob einer die Wolken weggepustet hätte. Übrig blieben Glückseligkeit und Liebe.“

Kette aus Holzperlen mit dem Bild ihres Gurus

Damit wäre die Sache aus hiesiger Sicht womöglich erledigt gewesen, doch dann kehrten die Anhänger zurück, und plötzlich war das Belgische Viertel in Köln bevölkert von Menschen in roter oder orangefarbener Kleidung, die eine Kette aus Holzperlen mit dem Bild ihres Gurus trugen.

Natürlich gab es anfangs Irritationen, aber die jungen Leute waren ruhig und friedlich, wenn sie nicht gerade ihrer lautstarken „dynamischen Meditation“ nachgingen. Auf der Suche nach einer Räumlichkeit fanden sie eine pleitegegangene Diskothek und legten dort den Grundstein für eine eindrucksvolle wirtschaftliche Erfolgsgeschichte, weil die „Bhaggie-Diskos“ im Unterschied zu anderen Einrichtungen dieser Art hell und freundlich waren.

All’ das ergibt sich nach und nach aus den Schilderungen der gut ausgewählten Zeitzeugen, die natürlich auch viele biografische Details einfließen lassen. Das klingt alles sehr harmonisch und nach heiler Welt, aber die meisten Menschen werden ganz andere Bilder und Schlagzeilen in Erinnerung haben: Als der Ashram in Poona irgendwann aus allen Nähten platzte, ist Bhagwan mit Anhängern aus aller Welt in den amerikanischen Bundesstaat Oregon umgezogen.

Dort wurde ein riesiges Gelände erworben, was prompt zu Spannungen mit Einwohnern und Behörden führte. Fortan prägten Aufnahmen des „Sektenführers“ in diversen Rolls-Royce-Modellen und von Leibwächtern mit Maschinenpistolen die Berichterstattung.

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