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Zu neuen Ufern. Wegen der Mehrwertsteuersenkung dürfen Jahreskartenbesitzer im September in andere Tarifzonen fahren.

© Doris Spiekermann-Klaas TSP

Nachrichten vom Nahverkehr: Mit der Jahreskarte ins Homeoffice

Unser Autor denkt darüber nach, untreu zu werden. Denn seiner Erfahrung nach lohnt sich das

Von Andreas Austilat

Habe ich schon mal erwähnt, dass ich im Grunde meines Herzens ein sehr treuer Mensch bin? Wenn ich einmal eine Bindung eingegangen bin, dann gebe ich die nicht so schnell auf. Der Hund zum Beispiel ...

Eigentlich war ich gegen seine Anschaffung. Inzwischen halte ich fest zu ihm, obwohl er mich beim Frühstück zuweilen anbellt, weil er der Meinung ist, ich müsse mit ihm teilen. Ich nehme es hin, wer weiß, vielleicht belohnt er meine Treue eines Tages.

Der Haken ist, so etwas passiert viel zu selten.

Neukunden werden netter behandelt

Neulich habe ich ja hier dargelegt, wie ich Stunden meiner Lebenszeit dafür aufwenden musste, einen neuen Mobilfunkvertrag zu bekommen, bei dem ich nicht weiterhin mein altes Handy abbezahlen muss. Das Wirrwarr unterschiedlichster Konditionen lichtete sich erst ein wenig, nachdem ich die Kündigung aussprach. Nicht, dass es dann leicht wurde, aber immerhin wurde ich als potenzieller Neukunde netter behandelt.

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Beim Stromanbieter war es das Gleiche. Ich kenne ja noch Zeiten, da war für das Telefonieren die Deutsche Post zuständig, und der Strom, der kam auch einfach so ins Haus. Das war leicht. Heute locken die verschiedensten Anbieter mit seltsamen Boni, die einen Vergleich sehr schwer machen. Vor allem wenn man sich einem der zahlreichen Portale anvertraut, die diese Boni gleich einpreisen. Faustregel: Je höher der Bonus, desto teurer das zweite Jahr.

Netter Besuch vom Stromanbieter

Ich habe jedenfalls nach Jahren auch den Strom gekündigt und bekam anschließend netten Besuch. Ein junges Paar – wahrscheinlich waren die beiden gar kein Paar – stand plötzlich vor der Haustür und versuchte mich zur Rückkehr zu überreden. Ich würde auch irgendetwas geschenkt bekommen, ich glaube, es war eine Überwachungskamera mit integriertem Brandmelder, bei dem erst im zweiten Jahr Verbindungskosten zu irgendeiner Cloud auflaufen würden. Wie hoch die sein würden, konnten sie mir leider nicht sagen. Ich bedankte mich für den netten Besuch.

Und nun die BVG. Ich hatte schon eine Monatskarte, da war die noch aus Pappe. Natürlich besitze ich heute eine Jahreskarte, der Betrag wird einmal alle zwölf Monate abgebucht. Ist günstiger so. Rabatt.

Neue Tarifzonen locken

Dann passierte zweierlei. Zum einen wurde für ein paar Monate die Mehrwertsteuer gesenkt. Die BVG hat eine Weile nachgedacht, was sie nun machen könnte und spendiert im September ihren Kunden ein paar Freifahrten in Tarifzonen, in die ich wohl nicht hinkommen werde, weil wir ausgerechnet an den Septemberwochenenden keine Zeit für solche Touren haben. Bin ich natürlich selber schuld.

Ursache war zum anderen die Pandemie, die mich seit März ins Homeoffice versetzt hat. Seitdem liegt die Jahreskarte ungenutzt in einer Schublade. Wenn ich mal in einen Zug steige, fühle ich mich dort unwohl, weil ziemlich viele Menschen auf das Maskentragen verzichten. Wenn es irgendwie geht, steige ich auf das Fahrrad um.

Jetzt naht der Moment der Entscheidung. Das Jahresabo muss nämlich rechtzeitig vor Ablauf gekündigt werden, sonst verlängert es sich. Und der Termin steht bald an. Werde ich noch länger im Homeoffice verweilen müssen? Die gegenwärtige Entwicklung spricht eher dafür. Und werde ich im Dezember weiter das Fahrrad nutzen? Im August schwer vorherzusagen.

Aber es wäre doch interessant, wie die BVG auf meine Kündigung nach so vielen Jahren reagiert. Mit einem Hausbesuch? Oder einem unwiderstehlichen Angebot? Wieder bellt der Hund. Wahrscheinlich will er mir etwas sagen. So etwas wie: Träum weiter.

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