Panorama: Blick in die Schweiz
"Die Schweiz hat einen Lewinsky-Skandal", schreibt die Berner Tageszeitung "Der Bund" über Vorwürfe, denen sich der schweizerische Botschafter in Berlin, Thomas Borer, konfrontiert sieht. Die Berichte über den Botschafter in der schweizerischen Boulevardzeitung "Blick" haben in der Schweiz eine Debatte entfacht.
"Die Schweiz hat einen Lewinsky-Skandal", schreibt die Berner Tageszeitung "Der Bund" über Vorwürfe, denen sich der schweizerische Botschafter in Berlin, Thomas Borer, konfrontiert sieht. Die Berichte über den Botschafter in der schweizerischen Boulevardzeitung "Blick" haben in der Schweiz eine Debatte entfacht. Dabei geht es nicht nur um den Botschafter, der die Toleranz der Eidgenossen in der Vergangenheit stark strapaziert hat, sondern vor allem um den Konflikt zwischen Borer und dem Verlagshaus Ringier, zu dem "Blick" gehört.
Das Blatt meldete jetzt, dass der schweizerische Außenminister Joseph Deiss Borer wegen der angeblichen Affäre einbestellt habe.
Es ist vor allem die "Neue Zürcher Zeitung" ("NZZ"), die die angebliche Affäre in einen Zusammenhang mit Ringier stellt. Die "NZZ" berichtet fast ausschließlich nachrichtlich über den Fall und schrieb nur ein Mal kommentierend von "perfiden Insinuationen".
Die "NZZ" schreibt: "Der "Sonntags-Blick" vom vergangenen Wochenende enthält unter dem Titel "Borer und die nackte Frau - Was geschah in der Botschaft?" eine groß aufgemachte Geschichte um angebliche außereheliche Eskapaden des Schweizer Botschafters in Berlin, Thomas Borer. Der vor allem mit Andeutungen arbeitende Text und die Bilder lassen jedoch keinen gültigen Schluss über das wirklich Behauptete und dessen Wahrheitsgehalt zu."
Die "NZZ" zitiert zudem einen Sprecher des Außenministeriums zu der Affäre. Mit dem Angriff des "Sonntags-Blick" auf die "Integrität des Schweizer Botschafters in der Bundesrepublik Deutschland" werde auch das Ansehen des Landes in Mitleidenschaft gezogen.
Der Medienwissenschaftler Roger Blum will laut "Bund" nicht ausschließen, dass bei Ringier noch eine Rechnung offen war mit Thomas Borer. Der ehemalige Präsident des Schweizer Presserates erinnert daran, "dass der Ringier-Verlag letztes Jahr eine Rüge des Presserates kassierte, weil in der "Schweizer Illustrierten" ein Interview mit dem Ehepaar Borer-Fielding abgedruckt worden war, dessen montierte Antworten aus Gesprächsfetzen am Rande einer Party bestanden."
Der PR-Experte Iwan Rickenbacher sagte im "Bund", wer sein Privatleben in den Dienst der Karriere stelle, dürfe sich nicht über die Konsequenzen wundern.
Die Schweizer Presse beschäftigt sich in diesem Zusammenhang mit den Reaktionen der Berliner. "Dass der Schweizer Botschafter nächtlichen Damenbesuch erhalten haben soll, sorgt in Berlin eher für amüsiertes Schmunzeln als für ernsthafte Aufregung", scheibt der "Bund".
Das bedeute "natürlich nicht, dass der Schweizer Botschafter und seine Gattin in der deutschen Hauptstadt nicht wahrgenommen würden. Thomas Borer-Fielding genießt eine Bekanntheit, um die ihn Kollegen aus wesentlich wichtigeren Staaten beneiden, und Shawne zieht ohnehin auf jeder Party die Kameraobjektive mit magischer Kraft auf sich. Berlin ist eine zwar in vielen Bereichen verblüffend provinzielle, im Kern aber doch sehr tolerante Stadt. Dass Menschen das eine oder andere Stündchen mit Menschen verbringen, mit denen sie nicht verheiratet sind, gehört in der Stadt der Love Parade zum Allgemeinwissen."
os