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Panorama: Dresdens Frauenkirche bekam zum 55. Jahrestag der Zerstörung ein neues Kuppelkreuz

Viele hundert Dresdner schämten sich am Sonntag ihrer Tränen nicht - aus Trauer und aus Freude. Denn am gestrigen 55.

Viele hundert Dresdner schämten sich am Sonntag ihrer Tränen nicht - aus Trauer und aus Freude. Denn am gestrigen 55. Jahrestag der Zerstörung ihrer Stadt gedachten sie nicht nur wie immer am 13. Februar der mindestens 35 000 Toten des Bombenhagels, sondern erlebten auch ein bewegendes symbolisches Ereignis. Der Herzog von Kent übergab in Anwesenheit namhafter Vertreter aus Politik, Kirche und Gesellschaft das neue Kuppelkreuz für die Dresdner Frauenkirche an den sächsischen Landesbischof Volker Kreß. Zwar krönt das rund eine Tonne schwere und vergoldete Kunstschmiedewerk noch längst nicht die Kuppel der einst 90 Meter hohen Kirche. Doch der 1994 begonnene Wiederaufbau hat mit der gestrigen Übergabe des Kreuzes eine neue Dimension erreicht. Denn nun gilt die voraussichtlich bis zum Jahre 2005 dauernde Rekonstruktion auch als ein Symbol der deutsch-britischen Freundschaft.

Ministerpräsident Kurt Biedenkopf und Oberbürgermeister Herbert Wagner dankten für diesen "Akt der Versöhnung". Zur Anschauung schwebte das Kunstwerk kurzzeitig schon einmal in der Höhe von 90 Metern. Viele Dresdner zeigten gerade in diesem Moment ihre tiefe Rührung. Der 13. Februar 1945 hat sich bei vielen bisher nur als Tag der Trauer und Wut über die britischen und amerikanischen Bombardements im Gedächtnis festgesetzt. Das erklärt die vergleichsweise geringe Zahl von 900 Dresdnern im insgesamt 5600 Mitglieder zählenden Förderverein für den Wiederaufbau der Frauenkirche. Sie sammelten bisher in aller Welt Spenden von mehr als 50 Millionen Mark.

"Viele Dresdner rekapitulieren und reflektieren an diesem Tag nur die erlittene Zerstörung", sagte Professor Ludwig Güttler, prominenter Musiker und Vorsitzender der Fördergesellschaft. Der Zusammenhang zwischen Ursache und Folge werde von ihnen nicht berücksichtigt. "Sie haben bis heute gar nicht realisiert, dass die Frauenkriche noch stünde, hätte man nicht ein paar Jahre vorher mit der Zerstörung der eigenen Synagoge angefangen", meinte der unermüdliche Streiter für die Wiederherstellung des einst das weltberühmte Panorama bestimmenden Bauwerkes.

Die mehr als 2000 Mitglieder des britischen Dresden-Trusts haben dafür mit der Übergabe des 900 000 Mark teuren Turmkreuzes ihren sichtbaren Beitrag geleistet. "Viele junge und alte Briten empfinden großes Bedauern über die Zerstörung Dresdens und dem damit verbundenen Verlust von Menschenleben, großartigen Gebäuden und kulturellen Kunstwerken", nannte Trust-Chef Alan Russel als Motiv für die Geldsammlungen. Die Stiftung zählt die Königin von England ebenso wie den Erzbischof von Canterbury und einige inzwischen betagte Angehörige des Bomberkommandos zu ihren Anhängern. Auch der Vater des Silberschmiedes des neuen Turmkreuzes warf in der Nacht vom 13. zum 14. Februar 1945 aus einer Maschine der Königlichen Luftwaffe Bomben auf Dresden ab. Er habe nie über die Bombardierung der Stadt gesprochen, sagte der 51-jährige Alan Smith. Erst nach dem Tod des Vaters habe die Mutter davon erzählt, wie stark ihn das Ereignis in jener Nacht verändert habe.

Vorerst steht das neue Kreuz vor dem Haupteingang der inzwischen auf 25 Meter gewachsenen Frauenkirche. Doch was mit ihm in den kommenden Jahren bis zur Montage auf der Kuppel passiert, ist noch ungewiss. Ludwig Güttler will es gern auf eine Konzerttournee der Staatskapelle Dresden mit in die USA nehmen. Bei Benefizkonzerten wolle er Geld für die weitere Restaurierung sammeln. Ungeklärt ist auch noch das Schicksal des im Trümmerberg geborgenen alten Kuppelkreuzes. Die bisherigen Überlegungen befürworten einen angemessenen Platz in der Unterkirche. Baudirektor Eberhard Burger könnte sich aber auch einen Platz vor einem Kircheneingang vorstellen - als Mahnung für alle Eintretenden.

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