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Panorama: Expo: Keine Frage der Leere (Kommentar)

Wie viele Besucher auch immer in der kürzer werdenden Restzeit kommen und, wichtiger noch, zufrieden wieder fortgehen mögen - die Expo wird ihr Negativbild als Pleiteveranstaltung kaum mehr verlieren. Alle relevanten Zahlen mussten dramatisch korrigiert werden.

Wie viele Besucher auch immer in der kürzer werdenden Restzeit kommen und, wichtiger noch, zufrieden wieder fortgehen mögen - die Expo wird ihr Negativbild als Pleiteveranstaltung kaum mehr verlieren. Alle relevanten Zahlen mussten dramatisch korrigiert werden. Dass die erhoffte Gesamtbesucherzahl von 40 Millionen eine Wunschprojektion war, ließ der bloße Augenschein bereits in den ersten Tagen nach der Eröffnung am 1. Juni erkennen. Und das nach zähem Leugnen zum Ende vergangener Woche eingestandene, mit 2,4 Milliarden Mark noch weit schlimmer als je befürchtet ausfallende Defizit, zu tragen von der öffentlichen Hand, macht gleich das Sechsfache des geplanten Zuschussbedarfs aus. Das realistische Minus ergibt übrigens bei der jetzt noch als erreichbar angesehenen Gesamtbesucherzahl von 17 Millionen einen Pro-Kopf-Zuschuss in Höhe von 141 Mark - vergleichbar einer Opernbühne.

Warum nicht?, könnte indessen der Bürger fragen, statt in die routinemäßige Empörung des geprellten Steuerzahlers zu verfallen. Ist uns eine Weltausstellung, die immerhin erste auf deutschem Boden in der 150-jährigen Geschichte dieses Jahrmarkts nationaler Eitelkeiten, nicht ein derartiges, freilich großes Loch in der Kasse wert? Hat es die Bundesrepublik - traurige Koinzidenz - nicht gerade in diesen Tagen des massierten Rechtsradikalismus nötig, ein Bild in die Welt auszustrahlen, das von friedlichem Zusammenleben, von partnerschaftlichem Wettstreit im Aufbau einer besseren Zukunft bestimmt wird? Ja, der Bürger kann so fragen, und er sollte es sogar. Denn die Expo ist zuallererst eine gewaltige nationale Imagekampagne. Sie liefert das Vergrößerungsglas, durch das die Welt in diesen Sommermonaten auf Deutschland blickt, und sie birgt die Chance, aber ebenso das Risiko, das Bild unseres Landes "draußen" auf lange Zeit zu grundieren, wie es vor mehr als einem Vierteljahrhundert den Olympischen Spielen von München gelungen war.

Nur: Das sind Überlegungen, die lange vor der Eröffnung der Expo die politische Debatte hätten bestimmen und das buchhalterische Aufrechnen von Kosten und Einnahmen überstrahlen müssen. Doch war dergleichen jahrelang nur als Dekoration zu den gebetsmühlenartig repetierten Glanzzahlen zu hören. Das Versagen in der öffentlichen Legitimierung der Expo 2000 liegt zum einen gewiss bei der Generalkommissarin, Birgit Breuel, die keinerlei Gespür für die ideellen und emotionalen Seiten einer solchen Großveranstaltung hat erkennen lassen, mehr und grundsätzlicher aber bei den beteiligten Politikern. Im Aufsichtsrat der Expo wurden schließlich die Vorgaben vereinbart, die die "Macher", zu denen Frau Breuel als trouble-shooterin hinzustieß, getreulich zu exekutieren suchten. Die Expo rechnet sich finanziell, war die Losung, die das Denken bestimmte - und die, als die Haltlosigkeit der Prognosen zu Tage trat, gegen die Weltausstellung gewendet wurde.

Für das Eingeständnis eines schlechten Gewissens spricht die Geräuschlosigkeit, mit der jetzt die Nachbewilligung von 860 Millionen Mark durch die beiden Expo-Gesellschafter Bund und Land Niedersachsen über die Bühne ging - zeitlich geschickt nach dem märchenhaften Geldsegen aus der Mobilfunk-Versteigerung. Der Makel allerdings, das Urteil über die Weltausstellung mit unseriösen Zahlenvorspiegelungen auf Dauer verdüstert zu haben, wird an den Verantwortlichen in Bund, Land und Kommune Hannover haften bleiben. Gerhard Schröder ist einer von ihnen.

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