Panorama: Frühling – nichts für Frühaufsteher
Gegen Schlappheit helfen Bewegung und Licht
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Berlin - Eigentlich müssten wir uns inzwischen ja umgestellt haben: Zwei bis drei Tage dauert es bei den meisten, so sagt der Regensburger Schlafforscher Jürgen Zulley, bis der Mensch die Sommerzeit wirklich im Programm hat. Es handelt sich dabei nämlich seiner Ansicht nach um einen „Mini-Jetlag“. Und der Verlust der einen Stunde trifft die meisten deshalb merklich, weil unsere innere Uhr sogar eher auf einen 25- als auf einen 24-Stunden-Rhythmus eingestellt ist. Mit der Umstellung auf die Winterzeit im Herbst haben wir es also leichter. Am ersten Montag nach dem Vorstellen der Uhren dagegen ereignen sich, nach Auskunft des Chronobiologen, jedes Jahr acht Prozent mehr Verkehrsunfälle.
Das haben wir hinter uns. Doch viele klagen derzeit über besondere Schlappheit und Mangel an Energie – und das ausgerechnet bei strahlendem Frühlingswetter. Während die Sommerzeit kurzzeitig unseren Tagesrhythmus aus dem Tritt gebracht hat, geht es hier eher um die jahreszeitliche Veränderung. „Umstellungszeiten können empfindlichen Menschen Probleme machen“, sagt der Dermatologe und Psychotherapeut Wolfgang Harth vom Berliner Vivantes Krankenhaus in Friedrichshain. Als Allergologe hat Harth bei seinen Neurodermitis-Patienten bemerkt, dass die Umstellung Krankheiten verschlimmern kann. Von Neurodermitis sind besonders viele Kinder und junge Erwachsene betroffen. Die chronische Hautkrankheit verschlechtert sich bei vielen bei einem Wechsel der Jahreszeiten. Ausgerechnet wenn das Wetter schön wird und alle in Straßencafés die Ärmel hochkrempeln, haben sie vermehrt unter juckender, trockener Haut und den charakteristischen Ekzemen zu leiden. Der quälende Juckreiz stört nicht zuletzt den Schlaf. Aber auch vielen Menschen mit einer versteckten Depression geht es ausgerechnet dann nicht gut, wenn die Tage schöner werden. „Die Winterdepression, zu der Lichtmangel sein Teil beigetragen hat, haben sie dann vielleicht noch nicht überstanden. Alle anderen sind gut gelaunt, im Vergleich dazu empfindet man die eigene Stimmung als noch schlechter“, so Harth. Wer aus dem Stimmungstief nicht nach einiger Zeit von selbst herausfindet, braucht unbedingt fachliche Unterstützung.
Gegen leichte Verstimmungen und gegen die ganz gewöhnliche Schlappheit hilft auf jeden Fall mehr Bewegung. „Zudem empfiehlt sich eine Umstellung von der Schokoladenzeit auf leichte Kost“, sagt Harth. Dass die christliche Fastenzeit in die Phase des beginnenden Frühjahrs falle, sei durchaus sinnvoll, sagt der Mediziner. Die Müdigkeit könnte in manchen Fällen übrigens auch einen recht einfachen Grund haben: Vor allem die Frühaufsteher bekommen jetzt nicht ihre volle Mütze Schlaf, weil sie meist später ins Bett gehen, wenn die Tage länger werden. Ein Mittagsschlaf als Ausgleich empfiehlt sich in diesen Fällen nicht unbedingt, weil es dann abends oft wieder später wird. Besser wirkt jetzt eine Lichttherapie. Die gibt es draußen – ganz umsonst.
Adelheid Müller-Lissner
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