Panorama: Frühlings Erwachen
Für das Projekt „Theater und Schule“ haben Schüler mit Theaterprofis Klassiker einstudiert. Jetzt kann man die Ergebnisse sehen
Stand:
Eigentlich hätte es umgekehrt sein sollen. Eigentlich hätten die Schüler von Schauspieler Axel Wandtke lernen sollen. Wie man sich auf einer Theaterbühne bewegt, wie man Spannung in den Körper bekommt, wie man verständlich spricht. Aber nach den ersten Vorbesprechungen zu Frank Wedekinds aufzuführendem Stück „Frühlings Erwachen“ stellte Wandtke fest, dass auch er viel Neues erfährt. Zum Beispiel über die Probleme der Jugend von heute, über deren aufgeschlossene Einstellung zu Sexualität und Gewalt, über den Gruppendruck untereinander. „Das sind völlig neue Probleme, die die moderne Welt mit sich bringt“, sagt Wandtke, „ganze andere als noch zu Frank Wedekinds Zeiten, und dabei war dessen Stück vor hundert Jahren eine Sensation“. Heute gebe es eine regelrechte „Pornoisierung“ der Gesellschaft.
Wandtkes Inszenierung von Wedekinds Teenager-Drama um Sexualität und Moral ist Teil des Projekts „Theater und Schule“ (Tusch), einer Partnerschaft zwischen 24 Berliner Bühnen und 28 Schulen. Es findet dieses Jahr zum dritten Mal statt. Für die Theaterinszenierung haben sich 40 Schüler im Alter zwischen 14 und 16 Jahren angemeldet, um mit Vertretern der Volksbühne, des Deutschen Theaters und der Tribüne in den Winterferien Klassiker einzustudieren. Das Ergebnis wird nun auf die Bühne gebracht: In der dreiteiligen Produktion mit dem Titel „Dramalabor“ führen die Schüler „Szenen aus der Tiefe“, „Verliebte und Verrückte“ sowie „Frühlings Erwachen“ auf. Das „Dramalabor“ ist Highlight der Tusch-Festwoche, die bis Freitag im Jugendkulturzentrum Pumpe (Lützowstraße 42 in Tiergarten) läuft. Dort wird ein von Schülern und Theatern erarbeitetes Programm aus Tanz, Gesang und Schauspiel geboten.
Axel Wandtke, Ensemblemitglied der Volksbühne, zeigt sich nach der Generalprobe zum „Dramalabor“ am Wochenende zufrieden. „Zwischendurch dachte ich, das wird nichts, aber dann sind alle unglaublich gewachsen.“ In Gesprächen näherten sich der Schauspieler und seine Schüler dem Stoff, versuchten, das Stück in die Gegenwart zu verlegen. Klar, dass dabei das Internet und Computerspiele vorkommen. Klar auch, dass dabei Drogen eine Rolle spielen. Zudem kam von den Jungs und Mädchen der Vorschlag, einige Szenen mit Rap-Musik von Sido zu unterlegen. Dass ein Song des Rappers auf dem Index steht, erfuhr Wandtke erst im Nachhinein. Er beließ den Song trotzdem in dem Stück. Das wirkt authentischer.
Die gemeinsamen Proben bezeichnet Axel Wandtke als „eine sehr wertvolle Erfahrung“, die er gerne wiederholen würde. Durch die Auseinandersetzung mit den Schülern habe er gelernt, mit Jugendlichen anders umzugehen, deren eigenen „Erfahrungsschatz“ zu respektieren. Der 47-Jährige hat selbst zwei Kinder im Teenager-Alter.
Infos zur Tusch-Festwoche unter www.tusch-berlin.de. „Dramalabor“ läuft am heutigen Dienstag um 11 Uhr in der Box des Deutschen Theaters. Weitere Termin: 27. März an der Tribüne, 30. März und 1. April an der Volksbühne
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: