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Panorama: Im Auge des Feuersturms

Seit elf Tagen wüten die Feuer um die australische Großstadt Sydney - in unvermindertem Tempo raste die Feuerwalze auch am Donnerstag auf weitere Ortschaften in der Umgebung der Stadt zu. Immer noch lodern mehr als 100 Großfeuer in der Region.

Seit elf Tagen wüten die Feuer um die australische Großstadt Sydney - in unvermindertem Tempo raste die Feuerwalze auch am Donnerstag auf weitere Ortschaften in der Umgebung der Stadt zu. Immer noch lodern mehr als 100 Großfeuer in der Region. Eine Fläche, die dem Großraum London entspricht, wurde bereits zerstört. Über den Bergen verdunkelten die Rauchwolken lange vor Sonnenuntergang den Himmel. Grafik: Buschbrände in Australien Einer Sprecherin der Feuerwehr zufolge schlossen Buschfeuer die Bewohner der Ortschaften Bendalong und Berringer Lake etwa zehn Kilometer südlich der beliebten Urlaubsbucht Sussex Inlet ein. "Es gibt nur eine Straße zum Highway, und die ist umringt von Flammen. Sie kommen dort nicht raus", sagte eine Sprecherin der Feuerwehr. In Sussex Inlet hatten 7000 Menschen vor den anrückenden Flammen fliehen müssen und verbrachten die Nacht zum Donnerstag am Strand. Mindestens zwölf Häuser waren den Flammen zum Opfer gefallen. Ein Schiff der Marine lag vor der Küste für eine mögliche Massenevakuierung bereit. "Wir waren im Auge des Sturms", sagte Julie Adler, die Augenzeugin des Feuers in Sussex Inlet wurde. "Das Feuer war überall. Es war schrecklich." Die Flammenwand war bis zu 15 Meter hoch. Feuerwehrleute und Freiwillige gingen von Tür zu Tür, um die Bewohner zum Verlassen der Gegend aufzufordern.

In den "Blue Mountains" im Westen von Sydney bedrohten die Flammen die Ortschaften Woodford und Faulconbridge. In den vergangenen Tagen seien zum Schutz der Häuser Pufferzonen errichtet worden, sagte ein Sprecher der Feuerwehr. In der Nacht hatten starke Westwinde die Feuersbrunst dort weiter angefacht und auch Einsatzkräfte in Bedrängnis gebracht. Mehrere eingeschlossene Feuerwehrmänner mussten mit einem Helikopter gerettet werden.

Der ersehnte Regen bleibt aus

Zwar entspannte sich in Sydney selbst die Situation mit sinkenden Temperaturen - zu Wochenbeginn wurden noch 38 Grad gemessen - und nachlassendem Wind leicht. Der ersehnte Regen war aber nicht in Sicht. Für die kommenden Tage haben die Meteorologen einen erneuten Temperaturanstieg vorausgesagt. Bislang wurden durch die Brände in der Umgebung der Stadt 300 000 Hektar Buschland zerstört. Nationalparks wurden verwüstet, tausende Schafe und andere Tiere verendeten. Versicherungen bezifferten die von den Bränden seit Weihnachten verursachten Schäden auf 70 Millionen australische Dollar (rund 32,5 Millionen Euro). Bislang seien 2000 Versicherungs-Ansprüche eingegangen, darunter für mehr als 170 zerstörte Häuser, 200 weitere Gebäude und etwa 50 Fahrzeuge wie Autos und Boote. "Wir gehen davon aus, dass die Forderungen weiter ansteigen werden", sagte ein Sprecher.

Nach Angaben der Polizei wurde etwa die Hälfte der Brände rund um Sydney von Brandstiftern gelegt; 21 Verdächtige sind in Haft, 14 von ihnen sind minderjährig. "Ich will ihre Nase in die Asche stecken, die sie angerichtet haben", sagte der wütende Ministerpräsident von New South Wales, Bob Carr. Er kündigte Gesetze an, nach denen junge Brandstifter mit Opfern ihrer Zündelei konfrontiert und sie zu Aufräumarbeiten sowie Schadenersatz- Zahlungen gezwungen werden sollen.

Die schlimmsten Buschfeuer erlebte Australien im Februar 1983. Damals starben 72 Menschen in den Flammen, die sich über Victoria und große Teile Südaustraliens erstreckten. Bei den neuerlichen Bränden kamen bislang keine Menschen ums Leben. Welche Folgen der Qualm und die Flammen aber auf die Gesundheit der Bewohner der Region haben, ist noch nicht abzusehen. Der ständige Rauch macht besonders Menschen, die ohnehin Probleme mit der Sauerstoffversorgung haben, zu schaffen. In Colo Heights im Nordwesten Sydneys erlitt am Donnerstag ein Feuerwehrmann im Einsatz einen Asthma-Anfall und musste ins Krankenhaus geflogen werden.

Flächenbrände alle zehn Jahre

Die australische Natur kann sich, so der Frankfurter Tropenwaldexperte Markus Radday, trotz der wiederkehrenden Feuer immer wieder regenerieren - allerdings nur, wenn sich die Brände nicht zu häufig wiederholen. Etwa alle zehn Jahre könnten die Wälder ein Feuer verkraften, sagte Radday von der Umweltstiftung WWF. "Werden die Abstände geringer, kann der Wald auf Dauer zerstört werden." Großflächige Feuer seien in Australien nicht ungewöhnlich und etwa alle 10 bis 13 Jahre zu erwarten. "Der Kontinent hat das immer verkraftet", sagte Radday. Meist spiele bei den Bränden das Klimaphänomen El Nino eine Rolle, das im südlichen Pazifik für heißere und trockenere Perioden sorgt. Zuletzt sei dies 1983 der Grund für verheerende Feuer in Australien gewesen.

Die Brände sind nach Raddays Überzeugung weder aus der Luft noch vom Boden aus zu löschen. Einmal in den trockenen Wäldern angefacht, breite sich das Feuer unaufhaltsam aus. "Die Flammen überspringen mühelos jeden Fluss und auch Staudämme." Hinzu komme der hohe Gehalt an ätherischen Ölen in den Eukalyptusbäumen. "Ein solcher Baum kann wie eine Bombe explodieren, wenn er sich entzündet." Seit der Mensch Australien besiedelt habe, nutze er das Feuer auch bewusst - etwa, um Tiere zu jagen oder das Graswachstum zu fördern, sagte Radday. So hätten die australischen Ureinwohner seit Tausenden von Jahren "Feuerwirtschaft" betrieben.

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