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Tatort Campingplatz: Polizeiabsperrung auf dem Gelände bei Lügde

© dpa/Guido Kirchner

Update

Massenhafter Kindesmissbrauch auf Campingplatz: Staatsanwaltschaft erhebt Anklage im Fall Lügde

Über Jahre sollen sich mehrere Männer auf einem Campingplatz in Lügde an Kindern vergangen haben. Zwei Beschuldigten drohen nun 15 Jahre Haft.

Nach monatelangen Ermittlungen kommt die Aufarbeitung des massenhaften Kindesmissbrauchs in Lügde in Nordrhein-Westfalen voran. Gegen zwei der drei Beschuldigten, einen 56 Jahre alten Dauercamper und einen 49-Jährigen Mann, hat die Staatsanwaltschaft Detmold die Anklageschriften vorgelegt. Das bestätigte das Landgericht Detmold am Dienstag. Die Anklage gegen den dritten Beschuldigten, einen 34 Jahre alten Mann, werde „in Kürze“ folgen, sagte ein Sprecher der Anklagebehörde.

Dem beschuldigten 56-jährigen Dauercamper wird schwerer sexueller Missbrauch vorgeworfen. Das Strafmaß liegt bei zwei bis maximal 15 Jahren. Eine Strafe oberhalb von zehn Jahren Haft sei denkbar, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft. Über die Anklageerhebung hatten NDR, WDR und „Süddeutsche Zeitung“ zuerst berichtet.

Das Landgericht Detmold werde den Beschuldigten die Anklagen zuleiten und um Stellungnahme bitten, sagte ein Gerichtssprecher. Danach werde die rund 70-seitige Anklage mit dazugehörigen Haupt- und Fallakten geprüft. Dies werde einige Wochen dauern. Das Material sei umfangreich. Anschließend entscheidet das Gericht, ob die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen wird.

Minderjährige mussten beim Missbrauch zusehen

Der 56-Jährige, gegen den jetzt die Anklage vorliegt, gilt laut Staatsanwaltschaft zusammen mit dem 34-Jährigen als Hauptbeschuldigter. Beide sollen über viele Jahre hinweg auf dem Campingplatz an der Grenze zu Niedersachsen mehr als 40 Kinder missbraucht und dabei gefilmt haben. Die beiden Männer und der 49-Jährige sitzen seit Monaten in Untersuchungshaft. Der 49-Jährige aus Stade in Niedersachsen soll Material bestellt und per Videoübertragung den Missbrauch beobachtet haben.

Auf dem Campingplatz sollen minderjährige Opfer auch gezwungen worden sein, an anderen Kindern sexuelle Handlungen vorzunehmen. Das sagte der Bielefelder Opferanwalt Peter Wüller der Deutschen Presse-Agentur. Es sei nach Aussagen vieler Opfer zu Vergewaltigungen gekommen. Kinder hätten zudem an sich selbst und anderen Minderjährigen sexuelle Handlungen vornehmen oder beim Missbrauch zusehen müssen. Das „Westfalen-Blatt“ hatte zuvor unter Berufung auf Ermittlungsakten und einen Abschlussbericht der Ermittlungskommission entsprechend berichtet.

Gegen weitere fünf Personen wird wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs, des Besitzes von kinderpornografischem Material oder des Verdachts der Strafvereitelung im Amt ermittelt. Der Fall Lügde hatte sich auch zu einem Justizskandal ausgeweitet. Unter anderem war bei der Kreispolizei Lippe in Detmold ein Teil des Beweismaterials verschwunden. Einem Mitarbeiter des Jugendamtes im niedersächsischen Landkreis Hameln-Pyrmont wurde vorgeworfen, Akten manipuliert zu haben. (dpa)

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