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Panorama: Mit Laura Tonke in die Sauna

Die Berlinerin spielt in dem witzigen neuen Prenzlauer-Berg-Film „Im Schwitzkasten“

Sie ist eine Darstellerin, wie sie in Deutschland einmalig ist: Weder Femme Fatale noch kleines Mädchen, und schon gar nicht von jener pragmatisch-gutmütigen Hemdsärmeligkeit, wie sie in den letzten Jahren so allgemein geworden ist in Deutschland. Laura Tonke, deren neuer Prenzlauer-Berg-Film „Im Schwitzkasten“ kommende Woche startet, ist dagegen nie ganz von dieser Welt. Sie strahlt immer etwas irgendwie Ätherisches aus, Weggedriftetes, einen Hauch von Herbst und Romantik, schweigt auch, wenn sie redet. Sie verbindet Zurückhaltung und Geheimnis. Sie könnte auch einen Geist spielen, eine Meerjungfrau oder einen Engel, man könnte sich Laura Tonke in Filmen von Godard oder Leos Carax vorstellen oder von John Cassavettes, wenn der noch leben würde.

Bereits mit 17 hat die gebürtige Berlinerin Laura Tonke ihren ersten Film gedreht, das war gleich eine Hauptrolle und mit „Ostkreuz“ von Michael Klier einer der besten deutschen Kinofilme der 90er Jahre, einer der wenigen, der standgehalten hat bis heute. Man glaubt es gar nicht, dass Tonke schon 31 ist, immer noch umgibt sie etwas Mädchenhaftes, vom Leben Unberührtes – im guten Sinne: Sie wirkt nicht durch Erfahrung gezeichnet. Auch darum spielt sie manchmal noch richtig junge Mädchen. Zugleich bekommt sie oft Rollen, in denen sie melancholisch sein muss, irgendwie verloren, ratlos.

Man hat sie dafür schon mit Anna Karina, dem Star des frühen Godard verglichen, aber man könnte auch an die Frauenfiguren Antonionis denken, denn manchmal strahlt Tonke in der ganzen Melancholie ihrer Rollen so eine Härte und Entschlossenheit aus, eine Konsequenz, die ein bisschen manisch ist. Vielleicht wurde sie darum von Christopher Roth in „Baader“ als Gudrun Ensslin besetzt.

Anderes als nur das verträumte, etwas abgedrehte Girl spielte sie auch in Dominik Grafs „Bittere Unschuld“. Und, noch mal bei Michael Klier in dessen letztem Film „Farland“, wo sie ein Mädchen ist, das wie ein Westernheld in ihren Heimatort zurückkehrt, um dort endgültig von der Kindheit Abschied zu nehmen.

„Lob ist wichtig“, hat Laura Tonke mal gesagt, eher beiläufig, am Rande eines Filmfestivals. Nun ist es nicht so, dass ausgerechnet sie es nötig hat, um Lob zu bitten. Aber Laura Tonke weiß eben auch, dass man Darsteller gar nicht oft genug loben kann. Kommende Woche gibt es wieder neuen Anlass zu loben: Da ist Tonke in Eoin Moores neuem Film „Im Schwitzkasten“ zu sehen. Diese erste deutsche Arbeitslosenkomödie, erinnert in ihrem bitteren Witz manchmal sogar an Billy Wilder, in jedem Fall aber an Andreas Dresens Erfolgsfilm „Sommer vorm Balkon“: „Im Schwitzkasten“ ist ein sehr gegenwärtiger Film, der von einer öffentlichen Sauna am Prenzlauer Berg handelt, aber zugleich auch von der Situation in einem Deutschland der Krise; „Hartz IV“-Kino voller Witz. Aus dem Ensemble sticht Tonke heraus, nicht nur weil ihr am Ende eine besondere Rolle zufällt, sondern weil sie die anderen ebenfalls hervorragenden Darsteller gerade durch ihr Understatement in den Hintergrund rückt.

Rüdiger Suchsland

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