"Herr der Ringe"-Ausstellung: Mittelerde in Potsdam
J.R.R. Tolkien wäre Dauergast: Noch bis Ende April sind auf der "Herr der Ringe"-Ausstellung in Babelsberg Hunderte von Original-Exponaten und Requisiten aus der berühmten Fantasy-Trilogie zu sehen. Ein Besuch. Von Alexander Jungert
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Potsdam-Babelsberg - So nah war sie ihm noch nie. Hanna drückt ihr Gesicht gegen die Scheibe, ihre Augen leuchten. Da ist er, der Ring, der eine Ring, "um sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden". Ein Projektor wirft die Inschrift des Ringes an die Wand, verfasst in der "Schwarzen Sprache" von Sauron. Künstliche Flammen lodern, sie spenden dem kleinen Raum ein wenig Licht. Aus einem Lautsprecher dröhnt Gollum, der verzweifelt nach seinem Schatz ruft: "My precious!" Hanna imitiert Gollums Stimme und hört sich dabei fast genauso an wie er. Ihre Klassenkameradin kichert. Dann blickt Hanna ein letztes Mal auf den Ring. Sie muss weiter. Nebenan wartet der Höhlentroll.
Caligari-Halle im Filmpark Babelsberg, "Herr der Ringe"-Ausstellung. Im Foyer hängt ein Flachbildschirm, auf dem Filmausschnitte flimmern. Überall hochformatige Poster mit Frodo, überall Plastikfiguren aus dem Auenland, überall Rüstungen und Schwerter. Mittelerde ist in Potsdam angekommen. Von der Decke baumelt Drache Fuchur aus der "Unendlichen Geschichte", eigentlich gehört er nicht zu Tolkien. Aber in einer Fantasy-Welt ist alles erlaubt. Im Souvenir-Shop gibt es den Ring zu kaufen, im kleinsten Detail dem Original nachempfunden. Preis: 1599 Euro. "Der Verkaufsschlager ist er natürlich nicht", sagt eine Mitarbeiterin und lacht. "Aber es gibt schon Fans, die sich das leisten." Ihr Blick verrät, dass sie sich den Ring selbst nicht kaufen würde.
"Die sind alle so schön furchterregend"
In der Ausstellungshalle brennen nur wenige Lichter, es ist düster. Schwerter klirren vom Band und Schlachtenrufe. Zwischen den Gängen tummelt sich Aufsichtspersonal mit Walkie-Talkies und Plastikausweisen um den Hals. Die Ausstellungsstücke sind wertvoll. Und fotografieren ist strengstens verboten. Hanna steht vor dem Höhlentroll. Die Skulptur ist riesig, mindestens drei Meter hoch. Das Monster reißt das Maul auf und breitet seine Arme aus. Bereit zum Angriff! Daneben klettert ein Ork die Felswand hoch. "Die sind alle so schön furchterregend", meint die Fünftklässlerin.
Antonia und Madleine schrumpfen und wachsen. Sie probieren "Interactiv Scaling" aus, die wechselseitige Größenveränderung. "So hat Regisseur Peter Jackson die Szenen mit Frodo und Gandalf gefilmt", erklärt Mitarbeiter Mario Wagner. Dazu setzen sich die Mädchen auf einen Holzwagen, den Rest erledigt die Technik. Wer auf dem kurzen Wagen sitzt, wirkt größer, wer auf den langem sitzt, kleiner. Eine Software legt die beiden Bilder zusammen, eine Mittelerde-Landschaft aus dem Rechner ersetzt die grüne Wand, fertig. Doch das geht allen viel zu schnell. Die Schüler umringen Wagner, löchern ihn mit Fragen, er kann kaum noch zum Gerät laufen, um die Fotos von Antonia und Madleine auszudrucken. "Einer nach dem andern", sagt Wagner und keucht.
Tolkien im Unterricht
Lehrerin Frau Kassner blickt auf einen der vielen Monitore im Ausstellungsraum: "So wurden die Schauspieler zu Orks". Sie selbst habe erst einen Teil der Trilogie gesehen, sagt Kassner. Sie finde vor allem die Bücher beeindruckend, "weil sie so fantasievoll sind". Bevor die Lehrerin mit ihrer Klasse nach Babelsberg gefahren ist, hat sie den "Herr der Ringe" im Unterricht behandelt. Die Schüler lasen Texte zu Tolkiens Person und zu seinem Buch. "Die meisten sind begeistert", sagt sie. Da kommt auch schon ein Begeisterter, Florian, er schnappt sich zwei Freunde und meint: "Wir sind die Hyper-Freaks!" Was nichts anderes bedeutet, als dass sie jeden Teil schon oft gesehen haben, verdammt oft. Zwanzig Mal. Und warum? "Die Kostüme und die Schlachtszenen sind so cool." Sie rennen davon, zu den Elbenringen von Gandalf, zu den Rüstungen der Uruk-hais und zu dem Miniaturbau von Sarumans Turm Orthanc. Kurzer Schreck bei dem toten Boromir: "Der sieht ja aus wie echt!" In einem handgefertigen Holzboot liegt die Puppe des Darstellers Sean Bean. In den Händen hält er sein Schwert, sein Schild haben die Gefährten oberhalb des Kopfes gelegt. Jedes Haar der Puppe wurde einzeln angenäht, steht auf einem Hinweisschild.
Die Klasse 5 b hat noch eine halbe Stunde Zeit, bis sie wieder zurück zur Johannes-Tews-Schule nach Zehlendorf muss. Nur noch eine halbe Stunde. Was sie zu Hause machen, wissen die meisten schon: Einen der drei Filme ansehen. Florian auch. Zum einundzwanzigsten Mal.
Die Ausstellung zu Peter Jacksons Trilogie "Der Herr der Ringe" im Filmpark Babelsberg ist noch bis 29. April täglich von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Info-Hotline 0331/7212800. ()
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