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Am Montag hat die Verhandlung vor dem Landgericht Freiburg begonnen.

© Patrick Seeger/dpa

Hundertfacher schwerer sexueller Missbrauch: Prozess gegen Pfadfinder-Betreuer hat begonnen

Vor dem Landgericht Freiburg muss sich ein 42-jähriger ehemaliger Leiter einer Pfadfinder-Gruppe verantworten. Es geht um 330 Fälle sexueller Übergriffe.

Schwerer sexueller Missbrauch, Körperverletzung und versuchte Vergewaltigung von Kindern: Vor dem Landgericht Freiburg hat am Montag die Verhandlung gegen den ehemaligen Leiter einer evangelischen Pfadfindergruppe wegen hundertfachen Missbrauchs von Kindern begonnen.

Dem 42-jährigen deutschen Staatsangehörigen, der sich seit Februar 2019 in Untersuchungshaft befindet, werden 330 Fälle sexueller Übergriffe auf vier Jungen im Tatzeitraum von 2010 bis 2018 vorgeworfen.

Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte des Angeklagten und der Opfer findet die Verhandlung in weiten Teilen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Vorgesehen sind sieben Verhandlungstage. Ein Urteil könnte es danach am 18. Februar geben.

Der Angeklagte habe eine starke Nähebeziehung zu den Jungen aufgebaut und deren Vertrauen ausgenutzt, um sie zu missbrauchen, sagte Staatsanwältin Nikola Novak bei der Verlesung der Anklageschrift. Die Jungen seien im Tatzeitraum zwischen acht und 14 Jahre alt gewesen. Er habe die Kinder manipuliert und ihnen gesagt, dass solche intimen Kontakte zu Erwachsenen normal sind.

Übergriffe fanden in der Wohnung des Angeklagten statt

Auf ablehnende Gefühle der Kinder oder Schmerzen sei er nicht eingegangen, hieß es weiter. Die Kinder hätten sich lange Zeit niemanden anvertraut, da sie um die Sympathie des Pfadfinderleiters gefürchtet hätten. Sie hätten von einem „Schweigegelübde“ gesprochen.

Den Angaben zufolge soll der angeklagte Christian L. zwei Jungen über seine Tätigkeit bei der Pfadfindergruppe „Lazarus von Schwendi“ im Schwarzwaldort Staufen im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald kennengelernt haben, zwei weitere Jungen in einer Theatergruppe und auf einem Campingplatz. Die Übergriffe auf die Jungen sollen sich überwiegend in der Wohnung des Angeklagten ereignet haben.

Ursprünglich beschuldigte ihn die Staatsanwaltschaft des Missbrauchs der vier Jungen in fast 700 Fällen. Die Jugendkammer des Landgerichts ließ 330 Taten zur Verhandlung zu.

Bei den Pfadfindern in Staufen leitete der Beschuldigte von 1999 bis 2011 mit einer dreijährigen Unterbrechung die Gruppe „Wölflinge“ mit Grundschulkindern von der ersten bis zur vierten Klasse. In der Zeit der Unterbrechung von 2004 bis 2007 lief gegen ihn ein Strafverfahren wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern.

Damals war der gelernte Krankenpfleger freigesprochen worden. Anschließend sei er von den Pfadfinderleitern gebeten worden, ob er nicht wieder einsteigen wolle, sagte der Angeklagte vor Gericht. Auflagen habe er keine bekommen.

Kirche hofft auf umfassende Aufklärung

Die Christliche Pfadfinderschaft Deutschland (CPD) bestätigte, dass der Beschuldigte und auch einzelne Betroffene Mitglieder der CPD-Gruppe in Staufen im Breisgau waren. Von dem Prozess erhoffen sich die Verantwortlichen „eine umfangreiche Aufklärung, insbesondere im Sinne der Betroffenen, denen weiteres Leid soweit möglich erspart bleiben soll“, heißt es auf der Homepage.

Auch die Landeskirche sei in Gedanken bei den Opfern und hoffe auf umfassende Aufklärung durch das Gericht, sagte der Sprecher der Evangelischen Landeskirche in Baden, Daniel Meier. Christian L. sei von allen ehrenamtlichen Tätigkeiten im Bereich der Pfadfinderarbeit entlassen worden, als der Kirchengemeinderat von dem ersten Verfahren erfahren habe, sagte Meier dem Evangelischen Pressedienst.

Nach der damaligen Gerichtsentscheidung habe die Kirchengemeinde keinen Anlass gesehen, die Entscheidungsfindung des Gerichts nachzuprüfen, sagte Meier weiter. Jetzt habe die Landeskirche jedoch einen externen Juristen beauftragt, der nach Abschluss des derzeit laufenden Verfahrens den Prozess der damaligen Wiedereinstellung überprüfen soll. (epd)

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