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Schädlingsbekämpfer verfügte über keine Lizenz: Gutachten bestätigt Vergiftung als Todesursache von Familie in Istanbul
Zuerst vermuteten die Behörden eine Lebensmittelvergiftung bei der Hamburger Familie. Ein Gutachten stellt nun klar: Eine Vergiftung durch Insektizide im Hotel ist die Ursache.
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Die Todesursache der in Istanbul verstorbenen Hamburger Familie ist einem Gutachten zufolge eine Vergiftung. Diese sei durch ein im Hotel verwendetes Insektizid zur Schädlingsbekämpfung verursacht worden, teilte die Istanbuler Staatsanwaltschaft unter Berufung auf das rechtsmedizinische Gutachten mit.
Eine Lebensmittelvergiftung, wie zunächst vermutet, liege nicht vor. Auch gebe es keine Hinweise darauf, dass die Familie infolge eines Traumas starb.
Sechs Personen, die im Zuge der Ermittlungen festgenommen wurden, darunter der Hotelbesitzer und der Besitzer der Schädlingsbekämpfungsfirma, blieben weiter in Untersuchungshaft, hieß es weiter. Vier Verdächtige seien freigelassen worden – die Behörden hatten zuvor auch Verkäufer von Streetfood festgenommen, bei denen die Familie gegessen hatte.
Es soll eine schnelle Antwort geliefert werden, damit die Touristen, die nach Istanbul kommen, sich wieder schnell beruhigen.
Yusuf Dere, Anwalt eines Beschuldigten
Die Istanbuler Staatsanwaltschaft teilte nicht mit, welches Gift verwendet wurde. Zuvor hatten Medien unter Berufung auf einen Bericht der Rechtsmedizin berichtet, dass im Hotel das toxische Gas Phosphin entdeckt worden sei.
Der Stoff wurde der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge etwa in aus dem Zimmer entnommenen Wischproben festgestellt. Auch in Handtüchern des Hotels habe man Phosphin entdeckt.
Aluminiumphosphid gefährlich in Verbindung mit Wasser
Bei der Bekämpfung von Schädlingen wird häufig der Stoff Aluminiumphosphid eingesetzt. In Verbindung mit Wasser – Luftfeuchtigkeit genügt – entsteht das toxische Gas Phosphin. Das Gas schädigt die Körperzellen von Säugetieren und verhindert in größeren Konzentrationen den Sauerstoff-Transport im Blut. Phosphin kann bei Menschen unter anderem zu Reizhusten, Erbrechen, Leber- und Nierenfunktionsstörungen führen und beim Einatmen lebensbedrohlich sein.
Offenbar verfügten die Kammerjäger, die unter Verdacht steht, das Hotelzimmer der Hamburger Familie mit dem hochgiftigen Aluminiumphosphid behandelt zu haben, nicht einmal über eine Lizenz. Dies berichtet die „Bild“, die einen Reporter auf Spurensuche nach Istanbul geschickt hat. Das ins Visier der Ermittler geratene Unternehmen soll nicht über Büroräumlichkeiten verfügt haben, sondern sei von zu Hause aus geführt worden. Dies sagte der Anwalt des Sohns des Inhabers der Schädlingsbekämpfungsfirma der „Bild“.
Der Anwalt räumt der Zeitung gegenüber ein: „Eine Lizenz besaß das Unternehmen nicht.“ Dennoch sei er von der Unschuld seines Mandanten überzeugt. Die Firma solle von den Behörden jetzt als Sündenbock präsentiert werden. „Es soll eine schnelle Antwort geliefert werden, damit die Touristen, die nach Istanbul kommen, sich wieder schnell beruhigen“, sagt der Anwalt Yusuf Dere dem „Bild“-Reporter.
Auch der Inhaber des Schädlingsbekämpfungsunternehmens und der Inhaber des Hotels weisen jegliche Schuld von sich.
Vater, Mutter und die zwei kleinen Kinder waren Mitte November im Istanbul-Urlaub mit Beschwerden wie Erbrechen und Übelkeit ins Krankenhaus eingeliefert worden und dann verstorben. Das Schicksal der Familie, die aus der Türkei stammt, hat für große Bestürzung gesorgt. (Tsp/dpa)
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