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Üppige Mahlzeiten. Auf Ibiza genießen Gäste ihr Abendessen im Freien. Foto: Imago/Jürgen Held

© IMAGO/Jürgen Held

Gesetz gegen Verschwendung von Lebensmitteln: Spaniens Regierung macht Reste-Essen aus dem Restaurant salonfähig

In Spaniens Lokalen landen tonnenweise Essensreste im Müll. Per Gesetz sollen die Gäste nun ermutigt werden, übrige Speisen einpacken zu lassen.

Spanien gehört zu den Ländern mit der höchsten Dichte von Kneipen und Gasthäusern in ganz Europa. Das hat unter anderem damit zu tun, dass man die Freunde üblicherweise nicht zu Hause, sondern an der Theke oder am Restauranttisch trifft. Auch Touristen schätzen das reichhaltige gastronomische Angebot.

Eine Paella oder Tapas auf einer netten Terrasse zu genießen, gehört zum Urlaub auf Mallorca oder an der Mittelmeerküste dazu. Aber Spaniens berühmte und ausschweifende Essenskultur bringt ein großes Problem mit sich: die erhebliche Vergeudung von Lebensmitteln. Jedes Jahr landen tonnenweise frische Speisen, die auf dem Teller im Restaurant zurückbleiben, im Müll. Dieser Verschwendung will Spanien nun entgegensteuern.

Die Mitte-links-Regierung des sozialistischen Premiers Pedro Sánchez beschloss an diesem Dienstag eine Vorschrift, welche Gastronomen dazu verpflichtet, Gästen das Mitnehmen der Essensreste zu ermöglichen – und zwar kostenlos. Bisher haben nur wenige europäische Länder ähnlich weitreichende Bestimmungen.

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Bei Verstößen sieht das neue „Gesetz gegen die Lebensmittelverschwendung“, das noch vom Parlament gebilligt werden muss, Geldstrafen zwischen 2000 und 60.000 Euro vor. Zu den neuen Pflichten der Gastwirte soll dann gehören, dass sie ihre Gäste über die neue Bestimmung informieren müssen. Etwa so: „Wir packen Ihnen gerne Ihre Essensreste zum Mitnehmen ein.“

Eine eigene Tupperdose geht auch

Entsprechende Hinweise müssen auf der Speisekarte oder auf Schildern im Gastraum ersichtlich sein. Damit dies nicht zu Bergen von Plastikverpackungen führt, ist zudem vorgeschrieben, dass die angebotenen Behälter aus biologisch abbaubaren Materialien bestehen. Aber selbstverständlich kann sich der Gast auch seine eigene Tupperdose mitbringen.

Bisher konnte man zwar auch schon den Kellner bitten, die Überbleibsel auf dem Teller einzupacken. Doch viele Kunden schämten sich, dies zu tun. Weil sie glaubten, dass sich das nicht gehört. Oder weil sie dachten, dass dies unter ihrer Würde sei. Auch stellten sich die Gastwirte manchmal quer .

Spaniens Verbraucherorganisationen fordern schon lange, die Rechte der Gäste zu stärken. „Nimm mit nach Hause, was übrigbleibt“, lautete eine Kampagne des spanischen Konsumentenverbandes OCU. „Es muss völlig normal sein, die Essensreste zu verwerten, und es muss zur Ausnahme gehören, dass wir sie wegwerfen“, sagten die Verbraucherschützer. Und: „Wir sollten uns nicht dafür schämen, dass wir die Reste mitnehmen, sondern vielmehr dafür, es nicht zu tun.“

Supermärkte und Fabriken sollen mitmachen

Das findet auch Spaniens Ernährungsminister Luis Planas, der das Anti-Verschwendungsgesetz auf den Weg brachte. Sein Vorstoß kommt zu einer Zeit, in der sich die nationale Preissteigerungsrate mit annähernd neun Prozent auf Rekordhöhe befindet. Eine Teuerung, die auch die Gastronomie trifft, ihre Preise sind um 10 bis 20 Prozent gestiegen. Dieser Preisschock könnte nun helfen, das Bewusstsein zu schärfen.

„Das teuerste Speiseprodukt ist jenes, das im Müll landet“, mahnt der Minister. Auch die Fabrikanten und die Supermärkte werden zu einem nachhaltigeren Umgang mit Lebensmitteln angehalten: Unverkäufliche Produkte dürfen künftig nicht mehr einfach im Müll landen. Stattdessen sollen sie über Lebensmittelbanken verteilt werden.

„Dieses Gesetz will in der gesamten Kette der Lebensmittelverarbeitung vorbildliche Praktiken einführen, um Verschwendung zu vermeiden“, heißt es in der Begründung. Es gehe nicht nur darum, auf dem Weg der Nachhaltigkeit weiterzukommen. Vielmehr sei das Gesetz auch ein „ethisches Gebot“. Minister Planas erinnert daran, dass weltweit mindestens 800 Millionen Menschen Hunger leiden und weitere 1,6 Milliarden Ernährungsprobleme haben.

Mallorca preschte übrigens schon vor Monaten mit einem ähnlichen Gesetz auf regionaler Ebene vor. Es verankerte für die Restaurantgäste das Recht, nicht verspeisten Reste von ihren Gerichten mitzunehmen. Zwar maulten einige Wirte zunächst, aber inzwischen sind die Klagen verstummt. Denn der Mitnehmservice hat sich als wirkungsvolle Werbung erwiesen. Sodass mehr Kellner freiwillig fragen, ob sie die Übrigbleibsel mit heimnehmen wollen.

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