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Wie ein Hund Adolf Hitler düpierte und mit seinem "Führergruß" eine Staatsaffäre heraufbeschwor.

© AFP

Hund ärgert Hitler: Staatsaffäre "Führergruß"

Wie ein Hund in Finnland mit erhobener rechter Pfote Adolf Hitler zur Weißglut reizte. Ein Fundstück aus dem Auswärtigen Amt.

Berlin - Deutschland, Anfang 1941. Ein halbes Jahr vor dem Angriff auf die Sowjetunion tobt Hitler vor Wut. Der Grund: In Finnland kann ein Hund auf Kommando die rechte Pfote zum „Führergruß“ heben. Der Diktator fühlt sich durch diese Provokation eines Antifaschisten zutiefst beleidigt – und beauftragt doch tatsächlich insgesamt drei Ministerien, den Köter und seinen Halter aufzuspüren.

Das belegen jedenfalls Dokumente, die im Archiv des Auswärtigen Amtes (AA) in Berlin nachzulesen sind. Das AA bestätigte auf Anfrage des Tagesspiegels, dass es „eine Akte über diesen Hitler-Hund“ gebe. Zuerst hatte die „taz“ über diese bizarre Geschichte geschrieben. Die britische und amerikanische Presse griffen die Story auf breiter Front auf.

Der deutsche Staatsapparat kommt 1941 schnell in Bewegung, als der Hund mit dem Hitlergruß bekannt wird. Tatsächlich finden die Beamten den vermeintlichen Übeltäter im finnischen Tampere, der drittgrößten Stadt des Landes: Der Hund hört auf den Namen „Jackie“, sein Halter heißt Tor Borg, ein finnischer Pharmaunternehmer. Er ist mit einer deutschen Frau verheiratet, die gegen die Nazis eingestellt ist. Eigentlich ist Finnland den Deutschen damals freundlich gesinnt. Umso mehr erzürnt die Nazis der Vorfall.

Am 29. Januar 1941 schreibt der deutsche Vizekonsul in Helsinki, Willy Erkelenz: „Ein Zeuge, der nicht genannt werden möchte, hat gesehen und gehört, wie Borgs Hund auf das Kommando ,Hitler’ seine Pfote hochgenommen hat.“ Borg muss in die Deutsche Botschaft zum Rapport. Er bestreitet die Vorwürfe, nur seine deutsche Frau Josefine nenne den Hund manchmal Hitler – „weil sein Bellen an den Reichskanzler erinnere“. Zum Hitlergruß habe er das Tier aber nicht abgerichtet. Borg bestreitet auch, jemals etwas getan zu haben, das „als Beleidigung des Deutschen Reiches“ angesehen werden könnte.

Fortan sind das Auswärtige Amt, das Wirtschaftsministerium und selbst Hitlers Präsidialkanzlei mit der Hunde-Affäre beschäftigt. Alle Behörden berichten akribisch genau, was sie über den Dalmatiner mit dem ungewöhnlichen Talent und seine Halter herausbekommen haben. Das Wirtschaftsministerium berichtet schließlich, dass der Chemiekonzern IG Farben, bisher Lieferant für Borgs Medikamente, angeboten habe, die Geschäftsbeziehungen einzustellen, um den Mann zu ruinieren.

Zuletzt prüft das Auswärtige Amt sogar einen Strafbefehl gegen Hundehalter Borg. Er soll wegen „Beleidigung des Führers Adolf Hitler“ angeklagt werden. Doch zu einem Strafbefehl oder gar Prozess kommt es nicht – keiner der ursprünglichen Augenzeugen will vor Gericht aussagen. Am 26. März 1941 entschied das Präsidialamt des Reiches, die Ermittlungen einzustellen – wegen der unklaren Beweislage.

Hitlerpfoten-Hund Jackie überlebte den Krieg übrigens, genauso wie sein finnisches Herrchen Tor Borg. Der starb vermutlich 1959 im Alter von 59 Jahren.

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