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Sterbefall-Statistik 2021: Eine Million Tote im Jahr – mehr als 1946
Vergangenes Jahr starben in Deutschland so viele Menschen wie seit Jahrzehnten nicht. Doch das liegt nicht nur an den Corona-Todesfällen.
Stand:
Erstmals seit dem Bestehen der Bundesrepublik sind 2021 mehr als eine Million Menschen innerhalb eines Jahres gestorben. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland insgesamt rund 1,02 Millionen Sterbefälle gemeldet, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden unter Berufung auf erste vorläufige Ergebnisse mitteilte. Grund dafür dürften die Alterung der Bevölkerung und die Folgen der Corona-Pandemie sein.
Mehr als eine Million Sterbefälle binnen einem Jahr hatte es auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik in der Nachkriegszeit nur 1946 gegeben - damals wurden rund 1.001.600 Sterbefälle registriert. Während damals schwierige Lebensverhältnisse die hohen Sterbefallzahlen erklärten, sind laut Statistikamt heute hauptsächlich die größere Bevölkerung und der höhere Anteil älterer Menschen verantwortlich.
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Konkret starben im vergangenen Jahr 1.016.899 Menschen. Im Vergleich zum ersten Corona-Jahr 2020 stiegen die Sterbefallzahlen damit um drei Prozent beziehungsweise um 31.327 Menschen. Dass die Bevölkerung immer älter wird, kann diesen Anstieg nur teilweise erklären: Insgesamt steigt die Lebenserwartung der Menschen, und schwächt so den Alterungseffekt ab. Vor der Pandemie stiegen die Sterbefallzahlen daher jährlich um durchschnittlich ein bis zwei Prozent. Dies änderte sich mit der Coronakrise.
Sterbezahlen der vergangenen Jahre:
- Im Jahr 2019: 939.520 Menschen (laut Statistischem Bundesamt)
- Im Jahr 2020: 985.572 Menschen, Anstieg von ungefähr fünf Prozent zum Vorjahr
- Im Jahr 2021: 1.016.899 Menschen, Anstieg von ungefähr drei Prozent zum Vorjahr, und acht Prozent zu 2019.
Nur im Februar und März diesen Jahres lagen die die Sterbefallzahlen unter dem mittleren Wert der vier Vorjahre. Im Januar 2021 – noch während der zweiten Coronawelle – lagen die Sterbefallzahlen um 25 Prozent über dem Vergleichswert der Vorjahre. In diesem Monat deckten sich die zusätzlichen Sterbefälle nahezu komplett mit den beim Robert-Koch-Institut gemeldeten Covid-19-Todesfällen.
Durch die nahezu ausgefallene Grippewelle und trotz der neu aufgetretenen Corona-Todesfälle lagen die Sterbefallzahlen im Februar um zwei Prozent und im März um sechs Prozent unter dem Vergleichswert der Vorjahre. Während der dritten Coronawelle im April mit einen Plus von vier Prozent und Mai mit einem Plus von sieben Prozent lagen sie wieder darüber. Im Juni fielen die um acht Prozent erhöhten Sterbefallzahlen mit einer Hitzewelle zusammen.
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Im Juli lagen die Sterbefallzahlen mit einem Plus von zwei Prozent noch etwas über dem mittleren Wert der Vorjahre, der August unterschied sich kaum. Mit Beginn des Herbsts kletterten die Sterbefälle im September mit einem Plus von zehn Prozent und Oktober mit einem Plus von elf Prozent dann wieder deutlich über den Vergleichswert der Vorjahre. Die Sterbefallzahlen für November und Dezember übertrafen während der vierten Coronawelle den Vergleichswert noch stärker. So starben im November 21 Prozent und im Dezember 22 Prozent mehr Menschen als im Mittel der vier Vorjahre.
Beiträge einzelner Effekte lassen sich schwer zuordnen
Die erhöhten Sterbefallzahlen im Herbst sind laut Statistikamt nur zum Teil mit den Covid-19-Todesfällen erklärbar. So könnte auch die "Dunkelziffer" an unerkannten Corona-Todesfällen oder die zeitliche Verschiebung von Sterbefällen innerhalb eines Jahres infolge der zum Jahresbeginn ausgefallenen Grippewelle eine Rolle spielen. Möglicherweise zeigen sich den Experten zufolge auch "die Folgen verschobener Operationen und Vorsorgeuntersuchungen". Die Beiträge einzelner Effekte ließen sich derzeit allerdings nicht beziffern.
Die hohe Auslastung der Kliniken durch Corona führte bekanntermaßen schon früh im Pandemieverlauf dazu, dass planbare Behandlungen und Operationen verschoben wurden. Zudem mieden viele Menschen aus Angst vor Ansteckung den Gang zum Arzt. (AFP)
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