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Panorama: Streit unter Tropenmedizinern nach dem großen Medienereignis

Der Tod der 23-jährigen Lassa-Patientin in Würzburg hat einen Streit über den Umgang mit Tropenpatienten in Deutschland ausgelöst. Die Missionsärztliche Klinik in Würzburg wies Spekulationen über ein falsches Vorgehen der beteiligten Ärzte scharf zurück.

Der Tod der 23-jährigen Lassa-Patientin in Würzburg hat einen Streit über den Umgang mit Tropenpatienten in Deutschland ausgelöst. Die Missionsärztliche Klinik in Würzburg wies Spekulationen über ein falsches Vorgehen der beteiligten Ärzte scharf zurück. "Ich bin der festen Meinung, dass ein Therapiebeginn zwei Tage früher den Krankheitsverlauf nicht beeinflusst hätte", sagte der Chefarzt der Tropenmedizinischen Abteilung des Krankenhauses, Klaus Fleischer, am Sonntag.

Die 23-jährige Kunststudentin war nach ihrer Rückkehr aus Westafrika drei Tage lang im Schwäbisch Haller Diakonie-Krankenhaus auf Malaria behandelt und auf verschiedene andere Krankheiten untersucht worden, ehe in Würzburg die Lassa-Infektion festgestellt wurde. Sie starb am Sonnabend um 9.37 Uhr in Folge eines Multiorganversagens. Zuvor war es zu Blutungen in allen Organen gekommen. "Wir haben in dieser krisenhaften Zuspitzung leider nicht gewonnen", sagte Fleischer später vor der Presse. Es ist der erste bekannt gewordene Todesfall wegen Lassa-Fieber in Deutschland.

Nach der anderen Einschätzung des Hamburger Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNI) hat unter anderem die späte Behandlung mit zu dem tödlichen Ausgang beigetragen. "Jeder Tag zählt", sagte der Leiter der Virologie im BNI, Professor Herbert Schmitz. Ähnlich äußerte sich der Leiter des Instituts, Professor Manfred Dietrich, in der "Bild am Sonntag". "Ich halte es für möglich, dass die Patientin bei einer früheren Behandlung überlebt hätte." Er fordert eine sofortige Behandlung in Spezialkliniken für alle Patienten, die mit Verdacht auf eine Infektionskrankheit aus den Tropen zurückkehren.

Alle beteiligten Ärzte hätten "völlig korrekt" gehandelt, betonte der Würzburger Chefarzt Fleischer dagegen am Sonntag. "Wir haben jährlich sechs Millionen Flugreisende, die aus tropischen Ländern kommen." Hunderte kämen mit Fieber oder leichteren Erkrankungen zurück. Es sei unrealistisch, alle gleich in Spezialkliniken zu bringen. Bei der Lassa-Patientin handele es sich um einen Einzelfall.

Das in Würzburg verabreichte Spezialmedikament Ribavirin habe theoretisch eine ausreichende Wirkzeit gehabt. Möglicherweise war die Frau jedoch an einer neuen und besonders aggressiven Variante des Lassa-Virus erkrankt.

Am Freitagabend zeigte eine Blutprobe nach Angaben des BNI "keinen signifikanten Abfall der Virenmenge". Der Körper der Frau hatte auch keine Antikörper gebildet. "Man kann nicht sagen, dass das Medikament nutzlos war", resümierte Fleischer. "Wir werden uns mit der Frage noch weiter auseinander setzen."

Die Leiche der Kunststudentin wurde am Wochenende unter strengen Isolationsbedingungen in der Würzburger Klinik aufbewahrt. Wann und wie sie beigesetzt werden soll, stehe noch nicht fest. Das weitere Vorgehen soll nach Fleischers Worten "in aller Ruhe" mit Angehörigen und Behörden abgeklärt werden. Die Bestattungsordnung im Bundesseuchengesetz empfehle in solchen Fällen eine Feuerbestattung.

Der Vater der Studentin war vergangene Woche in dem Schwäbisch Haller Diakonie-Krankenhaus an Prostata-Krebs gestorben, in das auch seine Tochter zunächst eingewiesen worden war. Die Mutter war bereits vor Jahren ebenfalls einem Krebsleiden erlegen. Die vier erwachsenen Brüder der Toten seien nun Ansprechpartner der Behörden, hieß es.

Die Sicherheitsvorkehrungen in der Würzburger Klinik werden Fleischer zufolge aufrechterhalten. Eine Gefahr für Patienten, Besucher, Mitarbeiter sowie die Bevölkerung bestehe nicht. Weder in Europa noch in den USA seien Fälle bekannt geworden, in denen heimgekehrte Erkrankte andere Menschen angesteckt hätten. Alle Personen, die mit der Studentin Kontakt hatten, sollen aber weiter beobachtet werden.

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