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Shirley Temple in einem Kinderrennwagen in den 30er Jahren.

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Zum Tod von Shirley Temple: Für immer der Kinderstar

Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere verdiente sie mehr als jeder andere in Hollywood. Shirley Temple, Kinderstar der Depressionsjahre, hat manche Auftritte später als "rassistische und sexistische Ausbeutung kindlicher Unschuld" bezeichnet.

Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere war sie der erfolgreichste Kinderstar aller Zeiten, populärer noch als die Figuren aus den Zeichentrickfilmen von Walt Disney. „Schneewittchen bekam keine 20 000 Briefe in der Woche“, konstatierte der Filmhistoriker Jerome Charyn.

Shirley Temple, die 1928 als Tochter eines Bankangestellten und einer Hausfrau in Santa Monica, Kalifornien, geboren wurde, begann ihre Laufbahn im Alter von drei Jahren. Zum Erfolg getrieben wurde sie von ihrer Mutter, einer frustrierten Extänzerin, die enttäuscht war, weil sie es nicht zur Primaballerina gebracht hatte. Der Vater wurde Shirleys Manager. Die Mutter ließ ihr eine Lockenfrisur nach dem Vorbild des Stummfilmstars Mary Pickford schneiden und meldete sie in einer Tanzschule in Hollywood an. Dort wurde die Tochter von dem Filmregisseur Charles Lamont entdeckt.

Shirley Temple beklagte später eine "zynische Ausbeutung"

Ihre ersten Filmauftritte absolvierte Shirley Temple in der von Lamont inszenierten „Baby Burlesk“-Filmreihe, Kurzfilmen, die als Pendant zu der erfolgreichen Serie „Die kleinen Strolche“ entstanden. Später verdammte die Schauspielerin diese Filmchen als „zynische Ausbeutung unserer kindlichen Unschuld, teilweise mit rassistischen oder sexistischen Ergebnissen.“ Die Arbeitsbedingungen waren katastrophal. Tagelange Proben wurden nicht bezahlt, Temple musste auch mit einem verletzten Fuß weitertanzen. Auf Kinder, die sich schlecht benahmen, wartete eine „Strafkiste“. Darin lag ein Eisblock zum „Abkühlen“.

Shirley Temple 2006 bei der Verleihung der Screen Actors Guild Awards.
Shirley Temple 2006 bei der Verleihung der Screen Actors Guild Awards.

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Den Sprung zum Ruhm schaffte die Kinderdarstellerin, als der Songwriter Jay Gorney, der „ Brother, Can You Spare A Dime?“ geschrieben hatte, sie einlud, für sein neues Filmmusical vorzusingen. „Stand Up and Cheer“ wurde ein Riesenerfolg, Temples Lied „Baby Take a Bow“ stieg zum Hit auf. Anschließend bekam die Schauspielerin einen Siebenjahresvertrag beim 20th-Century-Fox-Studio. Temple spielte die Tochter von Spencer Tracy in „Now I’ll Tell“, anschließend wurde sie an das Paramount-Studio ausgeliehen, das ihr für „Little Miss Marker“ die beachtliche Gage von tausend Dollar pro Woche zahlte. Ihr erwachsener Co-Star Adolphe Menjou klagte: „Dieses Kind macht mir Angst. Es kennt alle Kniffe und Tricks.“ Paramount wollte das junge Kassenglück für 50 000 Dollar aus seinem Vertrag herauskaufen – aber 20th Century Fox lehnte ab.

Präsident Franklin D. Roosevelt: „So lange unser Land Shirley Temple hat, wird es uns gut gehen.“

„Sie ist das achte Weltwunder“, schwärmte Studioboss Darryl F. Zanuck. Kein Wunder: Die 20th Century Fox, die millionenschwer verschuldet war, konnte sich mit den Filmen des Kinderstars in die schwarzen Zahlen retten. 1935 rückte Shirley Temple für vier Jahre an die Spitze der bestverdienenden Hollywood-Stars und wies damit Clark Gable in die Schranken. Temple verkörperte in ihren Filmen ein vitales, hyperaktiv singendes und tanzendes Jedermann-Mädchen, ein fröhliches Gegenmittel gegen die Depression. Als der Film „Baby Take A Bow“ herauskam, verkündete Präsident Franklin D. Roosevelt: „So lange unser Land Shirley Temple hat, wird es uns gut gehen.“

Allerdings wurden nicht alle Zeitgenossen von der Shirley-Temple-Begeisterung angesteckt. Der Schriftsteller Graham Greene nannte die Schauspielerin einen „50 Jahre alten Zwerg“. Das Merchandising erreichte einen Höhepunkt. Shirley-Temple-Puppen wurden ebenso ein Verkaufserfolg wie das Kleid, das sie im Film „Stand Up and Cheer“ trug. Ihr Gesicht prangte auf Shampooflaschen und Waschmittelverpackungen. Doch als die Schauspielerin die Pubertät erreichte, brach der Erfolg ab. Der Farbfilm „The Blue Bird“, als Gegenstück zu „The Wizard of Oz“ geplant, floppte, auch drei Filme, die der Produzent David O. Selznick ab 1944 mit ihr drehte, wurden Misserfolge. Aber Shirley Temple begann eine erstaunliche zweite Karriere. Sie kandidierte erfolglos für einen Sitz im Repräsentantenhaus. 1974 wurde sie zur US-Botschafterin in Ghana, 1989 zur US-Botschafterin in Prag ernannt. „Ich ordne mich in eine Schublade mit Rin Tin Tin ein“, hat sie über ihre Schauspieljahre gesagt. „Am Ende der Depression sehnten sich die Menschen nach etwas, das sie aufbaut. Sie verliebten sich in einen Hund und in ein kleines Mädchen.“ Am Montagabend ist Shirley Temple in ihrem Haus im kalifornischen Woodside gestorben. Sie wurde 85 Jahre alt.

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