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Von TISCH zu TISCH: Pauly-Saal

Steckrübeneintopf und Schwarzwurzelragout.

Dass ein Restaurant an einem Montagabend voll ist, das ist keine Selbstverständlichkeit. Zumal, wenn das Preisniveau kräftig über dem Berliner Durchschnitt liegt. Die ehemalige Turnhalle in der jüdischen Mädchenschule ist freilich auch ein ganz besonderer Ort. Spektakulär sind die großen Murano-Leuchter im Stil der 20er Jahre, die da von der Decke hängen und dem Restaurant seinen Namen gegeben haben, da sie aus der Pauly-Manufaktur stammen. Umstritten ist die Rakete, die über der offen einsehbaren Showküche hängt, obwohl sie trotz der Größe nach Spielzeug aussieht. Gemütlich zum Sitzen sind die schweren Polstersofas, die da dicht an dicht gedrängt stehen. Eigentlich sind die Tische viel zu eng gestellt für ein schickes Lokal, aber mehr Platz ist eben nicht, und dafür ist die Decke schön hoch, und der Raum spiegelt sich in den Fenstern.

Die kleine Sektpfütze, die der Ober anbrachte, kostete 10 Euro und sollte angeblich 0,1 l groß sein. So sah sie wirklich nicht aus. Allerdings gossen die Kellner auch aus der Flasche eines ganz guten Pfälzer Silvaners, der auf der Anrichte geparkt war, später immer nur sehr zögerlich ein, als wollten sie am liebsten einen Rest zurückbehalten (25 Euro). Das dunkle altmodische Schwarzkrustenbrot war aber köstlich. Dazu gab es Entenleberterrine. Den winterlichen Salat aus Lauch, Feldsalat und wenigen schwarzen Trüffelspänen wollen wir Models und allen ans Herz legen, die unter Kalorienphobie leiden. Die Portion ist sehr schön klein, und der Preis dafür sehr schön saftig (19 Euro).

Viele Gerichte werden in heimeligen gusseisernen Kochtöpfen serviert, auch das Schwarzwurzelragout mit Kalbsbries und Kalbsbäckchen, das wir statt als Zwischengericht in einer Vorspeisengröße bekamen, für 15 statt 18 Euro. Das schmeckte sehr ordentlich, die Schwarzwurzeln waren gut gegart, und das Fleisch war zart und gekonnt mit jenem Hauch von „früher“ gewürzt, der hier Programm ist. Schließlich will man die Küche der 20er und 30er Jahre unter leichteren Vorzeichen revitalisieren.

Auch die Hauptgerichte waren recht übersichtlich und also gut und zügig zu bewältigen. Wir probierten tadelloses Gulasch von der Ochsenwade, das ebenfalls zart gegart war, darauf lagen Maisgrieß-Paprikataschen, die beim Zubeißen leicht knusperten, was einen guten Effekt ergab. Die Aussicht auf Schildkrötengewürz hatte uns zunächst erschreckt. Es handelte sich dann aber nicht um geriebenen Schildkrötenpanzer, sondern nur um eine Gewürzmischung, mit der man früher Schildkrötensuppen verfeinerte (26 Euro).

Ach ja, der Steckrübeneintopf. Dabei handelt es sich um ein klassisches Arme-Leute-Essen, das von Spitzenköchen gern neu interpretiert wird. Hier hatten wir einen etwas größeren Kochtopf. Darin befanden sich bissfest gegarte, gelbe Steckrübenwürfel und Pellkartoffelviertel, darauf ein kross gebratenes Stück Zanderfilet namens „Wildfang“. Dazu gab es einen Salat aus Winterrettich und winzigen Rauchaalwürfeln zum deftigen Reiche-Leute-Preis von 31 Euro.

Sicher Siegfried Danler, der sich in Hamburg schon einen Stern erkocht hatte, hat hier im Zusammenwirken mit den Grill-Royal-Betreibern ein originelles Programm zusammengestellt. Wo sonst bekommt man schon Spieß vom Kalbsherz mit Krautnudeln? Aber an Details muss definitiv noch gefeilt werden, wenn der große Charme des Ortes auch auf Einheimische seine Wirkung nachhaltig entfalten soll. Zum Dessert probierten wir die hausgemachten Pralinen mit Portwein. Es waren deren vier, von solider Konditorqualität mit einem Schluck Portwein dazu (11 Euro).

Die Kellner waren so gestylt, als würden sie gern Max Raabe hören, müssen aber in ihre Rolle noch hineinwachsen. Ich hoffe mal, dass die Holprigkeiten im Service auf Unsicherheit zurückzuführen waren. Trotzdem gaben wir neun Euro Trinkgeld, offensichtlich zu wenig. Grußlos entließ man uns vom Tisch. In der Bar sitzt man luftiger, und im Sommer kommt auch noch der Schulhof für Freiluftdinners dazu. Wir hoffen also auf die Zukunft und die andere Gastronomie, die es dort noch zu entdecken gibt.

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