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Genesis P-Orridge vor der Volksbühne.

© Ryan Martin

Musikalische Lesung aus „Nonbinary“: Die Volkbühne feiert Genesis P-Orridge

Dem grenzüberschreitenden, nicht-binären Pop- und Kunststar Genesis P-Orridge ist das Heilig-Abend-Programm der Volksbühne Berlin gewidmet.

Frank Sinatra – ausgerechnet der große Crooner faszinierte zwei britische Musiker*innen, von denen man das kaum vermutet hätte. Doch offenbar waren sowohl Joy Division-Sänger Ian Curtis als auch Genesis P-Orridge von der krachverliebten Industrial- Band Throbbing Gristle Fans des amerikanischen Sängers.

So erinnert sich jedenfalls Genesis P-Orridge in den posthum veröffentlichten Memoiren „Nonbinary“, die ausführlich schildern wie die beiden zusammen Sinatras Song „Laura“ lauschten – und immer wieder nachts telefonierten. Wie der Buchtitel bereits deutlich macht, sah sich der/die im vergangenen Jahr mit 70 Jahren an einer Leukämie-Erkrankung verstorbene Genesis P-Orridge jenseits der Zweigeschlechtigkeit. Als Pronomen benutzte der/die Musiker:in s/he und h/er.

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Die Volksbühne, an deren Fassade derzeit ein riesiges „Nonbinary“-Banner hängt, widmet Genesis P-Orridge am 24. Dezember eine Hommage im Großen Haus. Aus den Memoiren lesen werden – auf Englisch – Duygu Ağal, Petra Flurr, Philipp Strobel und Marie Rosa Tietjen. Zudem gibt es Musik und den Dokumentarfilm „The Ballad of Genesis and Lady Jaye“ von Marie Losier.

Außerdem wird Prosecco für die ganze Wahlfamilie versprochen. Es passt gut, dass das Team um die neue Volksbühnen-Musik-Kuratorin Marlene Engel dieses Programm auf den Heiligen Abend der (nicht-orthodoxen) Christenheit gelegt hat – und so vor allem der queeren Community eine alternative Feiermöglichkeit eröffnet.

[Volksbühne, Großer Saal, Fr 24.12., 21 Uhr, 20 €]

Genesis P-Orridge ist dafür ein idealer Schutzengel – radikal, finster und zugleich liebevoll. Ab den neunziger Jahren ging sie/er nun größtenteils in den USA immer weiter über künstlerische und geschlechtliche Grenzen hinaus, womit sie/er auch eine körperliche Transformation verband.

Zusammen mit ihrer/seiner zweiten Frau Lady Jaye Breyer startete Genesis P-Orridge das „Pandrogyne Projekt“, bei dem die beiden versuchten, ihre Körper chirurgisch angleichen zu lassen. Nachdem Breyer 2007 gestorben war, arbeitete Genesis P-Orridge weiter an Kunstprojekten und brachte 2016 das letzte Album der Band Psychic TV heraus.

Die 1981 gegründete Gruppe, in der Lady Jaye Breyer eine Weile Keyboard gespielt hatte, war das Nachfolgeprojekt von Throbbing Gristle und nicht weniger umstritten. Ob auf der Bühne oder in Videos, immer wieder benutzten Pychic TV obszöne Schockelemente und extreme Lichteffekte. Ganz so wild wird es in der Volksbühne wohl nicht zugehen – aber sicher auch etwas aufregender als unter den meisten Weihnachtsbäumen.

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