
© Nadine Lange
EM-Fußball mit queeren Fans: Gelassen feiern im Pride House Berlin
Zum ersten Mal gibt es bei der EM mit dem Pride House Berlin ein Public Viewing, das sich gezielt an queere Fans richtet. Mit dem Zuspruch sind die Veranstalter bisher sehr zufrieden.
Stand:
Public Viewing mit echter Stadionatmosphäre? Das bietet bei dieser Fußball-EM das Pride House im Berliner Poststadion an. Hier sitzen die Fans auf der Tribüne und schauen auf den Rasen – ganz wie beim richtigen Spiel, nur dass auf dem Rasen der große Screen mit der Fußballübertragung steht.
Das Pride House in Moabit ist auch aus einem anderen Grund ein besonderer Ort zum Schauen der EM-Spiele: Es ist das einzige Public Viewing, das sich gezielt an queere Fans richtet. Bei Olympischen Spielen gibt es ein solchen Pride House in den Gastgeberländern schon seit einer Weile, für Deutschland ist es eine Premiere.
Wie sieht die Bilanz nach dem Achtelfinale aus? Alice Drouin, die Leiterin des Pride Houses, ist bisher sehr zufrieden. Die Besucherzahlen würden variieren, sagt sie. Das bestbesuchte Spiel war bis jetzt das Achtelfinale Deutschland gegen Dänemark, bei dem 1100 Menschen kamen. Auch die anderen Deutschlandspiele zogen viele hundert Besucher:innen an. Bei Spielen anderer Länder „hängt es stark von Faktoren wie Wetter, Uhrzeit und Wochentag ab“, sagt Drouin: Bei guten Bedingungen sind es dann meistens ungefähr 150 Menschen.
Für die Zeit ab den Viertelfinals rechnet Drouin mit weiter steigenden Zahlen – „insbesondere, wenn Deutschland weit kommt“. Das Pride House werde auch durch Mund-Propaganda immer bekannter.

© LSVD Berlin-Brandenburg e.V.
Wer schon einmal im Pride House war, erlebt ein entspanntes und durchaus gemischtes Publikum: Neben Queers sind das auch Hetero-Familien mit ihren Kindern, jüngere und ältere Menschen gleichermaßen. Zur familiären Umgebung trägt der Fußballverein Berliner AK bei, der Getränke ausschenkt und dem akut klamme Besucher*innen das Geld im Nachhinein überweisen können – alles auf Vertrauensbasis.
Auch Alice Drouin erlebt die Atmosphäre als „sehr entspannt und gelassen“: „Auf den Tribünen herrscht ein respektvolles Miteinander. Gejubelt und gefeiert wird trotzdem, aber es gibt wenig bis keine alkoholisierten Menschen.“ Dazu würden die Sitzplätze auf der Tribüne beitragen, durch die ungewollter Körperkontakt vermieden werde, der häufig durch die Enge bei Public Viewings entstehe.
Drei Zwischenfälle von Rassismus, Sexismus und Queerfeindlichkeit gab es dennoch, erzählt Drouin: „An Orten, an denen viele Menschen zusammentreffen, kommt es nun einmal auch dazu.“ Das Awareness-Team habe das bis jetzt jedes Mal gut abfangen können. Überhaupt sei das im Verhältnis zur Gesamtbesucherzahl „gut überschaubar“.
Das Pride House ist mehr als Public Viewing: Zusätzlich bietet es ein Rahmenprogramm an, etwa Diskussionen zu Themen wie „Outing im Sport“ oder Präsentationen queerer Einrichtungen. Informationsveranstaltungen würden oft in der Halbzeitpause stattfinden „und viele ansprechen, da meistens viele Besucher:innen sitzen bleiben und zuhören“, sagt Drouin.
Für einen richtigen Austausch mit dem Publikum müsste dagegen noch ein wenig mehr Raum geschaffen werden – eine Aufgabe für die Zukunft, wie sie sagt. Ein Pridehouse bei künftigen Großveranstaltungen, etwa für die Fußball-EM der Frauen 2025, solle auf jeden Fall geprüft werden. (mit tiw)
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