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Plakat bei einer Demo in London: „Transrechte sind Menschenrechte.“

© IMAGO/ZUMA Wire/IMAGO/Vuk Valcic

„Koordinierte Anti-Trans-Kampagnen“: So ernst ist die Lage von trans Personen in Europa

Eine neue Studie des Netzwerks Transgender Europe dokumentiert große Rückschritte bei den Trans-Rechten. Dadurch seien nicht nur marginalisierte Menschen bedroht – sondern die gesamte demokratische Ordnung, so der Report.

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Die Rechte von trans Personen stehen in Europa auf der Kippe. Zu diesem Schluss kommt das Netzwerk Transgender Europe, das in dieser Woche die „Trans Rights Index & Map 2025“ veröffentlichte. Zum ersten Mal seit 13 Jahren gibt es in ganz Europa und Zentralasien mehr Rück- als Fortschritt in Bezug auf Trans-Rechte.

„Dieser Rückschritt signalisiert mehr als nur eine Krise für Trans-Communitys. Es handelt sich um eine umfassendere Krise der Demokratie und der Grundrechte in der gesamten Region“, schreiben die Verfasser:innen.

In der umfassenden Analyse wurde die Situation von trans Person in 54 Ländern Europas und Zentralasiens untersucht und in einer Karte zusammengefasst. Dabei werden verschiedenen Faktoren berücksichtigt wie die rechtliche Anerkennung des Geschlechts, das Gesundheitssystem und Familie.

Die Verfasser:innen sprechen von einem „strategischen Angriff auf Grundfreiheiten, Gleichberechtigung, Demokratie und Europa selbst“. Es handle sich um koordinierte Anti-Trans-Kampagnen, die auch von externen Akteuren angeheizt würden, insbesondere von Netzwerken, die Trump und dem Kreml nahestehen.

Bedrohte Lage in mehreren Ländern

Für die rückschrittlichen Entwicklungen werden einige Beispiele genannt: In Georgien und Ungarn wurde der rechtliche Schutz vor Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität aufgehoben, in Zentralasien gibt es mit Kasachstan nur ein einziges Land, das es trans Personen erlaubt, ihren Namen und Personenstand zu ändern, und in Großbritannien ist die rechtliche Anerkennung des Geschlechts bedroht, nachdem der Oberste Gerichtshof kürzlich entschieden hat, dass trans Frauen rechtlich nicht mehr als Frauen gelten.

Die Entwicklungen bedrohen indes nicht nur die Rechtssicherheit von trans und nicht-binären Personen. Ihnen wird überdies häufig ihre Existenz abgesprochen und sie werden von bestimmten Dienstleistungen ausgeschlossen wie Toiletten oder Umkleiden. Die Sicherheit und das Leben vieler trans Personen seien bedroht, heißt es in dem Bericht.

Fortschritte sind meist nur sporadisch

Nur ein Fortschritt wird explizit als solcher hervorgehoben: Der Europäische Gerichtshof, der immer wieder bekräftigte, dass trans und nicht-binäre Personen durch EU-Recht vor Diskriminierung geschützt seien.

Andere fortschrittliche Entwicklungen in Europa seien zumeist sporadisch und würden keine starke politische Unterstützung widerspiegeln, heißt es in der Studie. Deutschland rage zwar aufgrund des Selbstbestimmungsgesetzes heraus, das im vergangenen November verabschiedet wurde und das es trans Personen ermöglicht, niedrigschwellig ihren Geschlechtseintrag und Namen zu ändern. „Die neue konservative Regierung hat aber bereits ihre Absicht bekundet, es zu revidieren.“

Tatsächlich hatte die Union vor der Bundestagswahl angekündigt, das Selbstbestimmungsgesetz wieder abzuschaffen. Im Koalitionsvertrag mit der SPD heißt es nun, man werde das Gesetz bis spätestens Juli 2026 evaluieren und dabei „einen besonderen Fokus auf die Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche“ legen.

„Europa steht an einem Scheideweg“, sagt Richard Köhler von Transgender Europe. „Hier geht es nicht nur um die Rechte von trans Personen – es ist ein fundamentaler Test für die Selbstbestimmung demokratischer Gesellschaften. Wie wir jetzt auf die Angriffe gegen die Zivilgesellschaft reagieren, entscheidet nicht nur über die Zukunft vulnerabler Communitys, sondern auch über die Seele Europas und seine globale Stellung.“

Die Verfasser:innen fordern eine neue, europäische LGBT-Strategie. Der Begriff „Geschlechtsidentität“ sollte außerdem explizit in die Initiativen der EU-Kommission zur Gleichstellung aufgenommen werden.

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